182 Geschichte des Dreißigjährigen Krieges.
die kaiserlichen Erbstaaten dringen und den Kaiser selbst
in seiner Residenz zittern machen. Beides ward erwählt,
und jetzt war die Frage, wie die Rollen verteilt werden
sollten. Gustav Adols, an der Spitze einer siegenden
Armee, hätte von Leipzig bis Prag, Wien und Preßburg
wenig Widerstand gefunden. Böhmen, Mähren, Öster¬
reich, Ungarn waren von Verteidigern entblößt, die unter¬
drückten Protestanten dieser Länder nach einer Verände¬
rung lüstern; der Kaiser selbst nicht mehr sicher in seiner
Burg; in dem Schrecken des ersten Überfalls hätte Wim
seine Tore geöffnet. Mit den Staaten, die er dem Feind ent¬
zog, vertrockneten diesem auch die Quellen, aus denen der
Krieg bestritten werden sollte, und bereitwillig hätte sich
Ferdinand zu einem Frieden verstanden, der einen furcht¬
baren Feind aus dem Herzen seiner Staaten entfernte.
Einem Eroberer hätte dieser kühne Kriegsplan geschmei¬
chelt und vielleicht auch ein glücklicher Ersolg ihn gerecht¬
fertigt. Gustav Adolf, ebenso vorsichtig als kühn und
mehr Staatsmann als Eroberer, verwars ihn, weil er
einen höheren Zweck zu verfolgen fand, weil er dem
Glück und der Tapferkeit allein den Ausschlag nicht an¬
vertrauen wollte.
Erwählte Gustav den Weg nach Böhmen, so mußte
Franken und der Oberrhein dem Kurfürsten von Sachsen
überlassen werden. Aber schon sing Tilly an, aus den
Trümmern seiner geschlagenen Armee, aus den Besatzun¬
gen in Niedersachsen und den Verstärkungen, die ihm zu¬
geführt wurden, ein neues Heer an der Weser zusammen¬
zuziehen, an dessen Spitze er wohl schwerlich lange säumen
konnte, den Feind auszusuchen. Einem so erfahrenen Ge¬
neral durste kein Arnheim entgegengestellt werden, von
dessen Fähigkeiten die Leipziger Schlacht ein sehr zwei¬
deutiges Zeugnis ablegte.* Was halsen aber dem König
noch so rasche und glänzende Fortschritte in Böhmen und
Österreich, wenn Tilly in den Reichslanden wieder mäch¬
tig wurde, wenn er den Mut der Katholischen durch neue