160 Buchdruck und Buchhandel im Zeitalter der Reformation.
Durch einen glücklichen Zufall hat sich im Frankfnrter Archiv das
Meßmemorial erhalten, welches der Frankfurter Buchhändler Michael Harder
in der Fastenmesse 1569 führte. Aus demselben erfahren wir nicht nur,
welche Bücher er verkaufte, sondern auch wieviel Exemplare er von den
einzelnen Werken absetzte und für welchen Preis. So gewährt das Memorial
einen hübschen Einblick in die Geschmacksrichtung und in das Kulturleben
jener Zeit. Im ganzen verkaufte Harder während dieser Messe 5918 Bücher;
der größte Teil derselben ist volkstümlichen Inhalts. Ritterromane wurden da¬
mals noch viel gelesen, am besten jedoch gingen Sammlungen von Erzählungen
und Schwänken, wie das „Buch von den sieben weisen Meistern" und
Paulis „Schimpf und Ernst". Von ersterem verkaufte Harder 233 Exem¬
plare a 11 Schillinge, von letzterem 202 Exemplare. In 227 Exemplaren
setzte er ab das „Handbüchlein Apollinaris", ein Hausarzneibüchlein, das
26V2 Schilling kostete. Den nächstgrößten Absatz erzielten Volksbücher, wie
„Fortunatus" (196 Expl.), „Magelone" (176 Expl.), „Melusine" (158 Expl.),
„Ritter Pontus" (147 Expl.), „Ritter Galmy" (144 Expl.), „Oktavianns"
(135 Expl.), „Hug Schapler" (97 Expl.), „Eulenspiegel" (77 Expl.), „Esop"
(69 Expl.) 2C. Von Kirchhofs Schwanksammlung „Wendunmuth" wurden 118,
von Wickrams Erzählung „Der Goldfaden. Eine schöne, liebliche und kurz¬
weilige Historie von eines armen Hirten Sohn, Löwfrid genannt" 116 Exem¬
plare abgesetzt. Auffallend ist, daß die Volksbücher französischen Ursprungs,
abgesehen vom Eulenspiegel, von den Käufern entschieden bevorzugt werden.
Die einheimische Heldensage wurde nicht mehr so viel gelesen. Das „Helden¬
buch" in der Folioausgabe von Siegmund Feyerabend (1560) wurde, ob¬
gleich es nur 7 Schillinge kostete, nur in 4 Exemplaren verkauft. Vom
„hörnenen Siegfried" fetzte Harder 34 Exemplare ab, von denen 25 nach
Worms gingen, wo man sich also des Helden noch immer treulich erinnerte.
Das Volksbuch vom „Barbarossa" ward in 39 Exemplaren verkauft.
Von religiösen Schriften finden sich in Harders Memorial verzeichnet:
Luthers „Katechismus für die Pfarrherren und Prediger" in einer Frank¬
furter Folioausgabe von 1553, Luthers „Hauspostille" (Jena, 1559), eben¬
falls in Folio, Luthers „Prophet Daniel deutsch", „Predigten und andere
Schriften" von Georg von Anhalt, Dompropst zu Magdeburg, mit einer
Vorrede Melanchthons, ferner „Von des Herren Nachtmal, aus den Concilien
und Leerem. Damit auch die, so des Herrn Wort nit annemendt, auß iren
aygenen leren mügent sich erlernen götlichs willens" und Sebastian Franks
„Paradoxa, oder 280 Wunderreden aus der heiligen Schrift". Hierher
gehören auch des berühmten Kupferstecher Virgil Solis „Biblische Figuren
des alten und neuen Testaments, künstlich gerissen."
Von geschichtlichen Werken bot Harder feil eine Chronik der Stadt
Corinth von Cyriacus Spangenberg, etliche Schriften, „so Marggrast" Georg
von Brandenburg an sayner Gnaden Bruder und desselben Räthe gethan
hat", eine Übersetzung des Herodian, Sallusts Catilinarische Verschwörung
und jugurthinischer Krieg in der Übersetzung von Dietrich von Pleningen