Full text: Belehrungen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen

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Zwölftes Kapitel. 
wichte dem teuflischen Gelüste nachgegeben haben, die Zerstörung 
der Paläste und Häuser von Paris um der Zerstörung willen zu 
betreiben. 
^ Ware diesen Rasenden Zeit gelassen worden, ja dann würde 
Paris, ganz Paris in einem Flammenmeer versunken sein. 
Sie hatten keine Zeit. 
Montags, den 22. Mai, wurden in der Morgenfrühe die Pariser 
durch einen furchtbaren, von Westen her vorschreitenden Kanonen¬ 
donner geweckt. Wer auf die Strafsen hinabeilte, sah Volkshaufen 
vorüberlaufen und hörte sie schreien: „Die Blauen sind in der 
Stadt. Die Versailler sind einmarschiert/' Oder: „Die Rothosen 
sind da. Wir sind verraten.“ Oder: „Man schlägt sich beim 
Viadukt von Auteuil und auf dem Marsfelde.“ Dem Geschütze¬ 
donner vom Westen giebt solcher von Nordosten Antwort. Die 
Batteneen auf dem Montmartre werfen ihre Bomben zum Triumph¬ 
bogen hinüber. iSeue Volkshaufen, neue Schreie der Angst, der 
Wut, der Verzweiflung. Dann das alles zusammengefafst> in den 
Ruf: „Barrikaden!-‘ Auf den Boulevards wenige Eilgänger, Wirt¬ 
schaften und Magazine geschlossen. Der Barrikadenbau beginnt 
in allen gegen den Rundplatz, aus welchem der Are de Triomphe 
aufiagt, hinausführenden Strafsen. Vorübersprengende Offiziere, 
kreischende Kommandoworte, fieberische Thätigkeit von Männern,’ 
Frauen, Kindern, welche Pflastersteine und anderes Barrikaden¬ 
material herbeischleppen. Hochaufgeschürzte Amazonen, Ingrimm 
auf den bleichen Gesichtern, die rote Kappe aufs wirre Haar ge¬ 
stülpt, haben sich vor Mitrailleusen gespannt und ziehen dieselben 
im Laufschritt herbei. Vorbeigehende, die weder Bürgerwehrröcke 
noch Blusen anhaben, werden ohne Umstände zum Steinetragen 
geprefst, mehr oder weniger höflich oder grob. „Nicht wahr, 
Monsieur, Sie werden so freundlich sein, uns ein bifschen zu helfen?“’ 
Aber auch aus der Dur-Tonart: „Bürger, du wirst so gefällig 
sein, uns nicht zu bespionieren, sondern Steine herbeizutracen 
oder ich schlage dir den Schädel ein.“ 
Die Blauen waren also in der Stadt. Wie war das zuge¬ 
gangen? Hatte wirklich der Prophezeiung des Bürgers Jules 
Vallös gemäfs einer der Kommune-Generale dieses oder jenes Thor 
an die Versailler verkauft? Nein. Ihr Erfolg, d. h. die Möglichkeit 
des Eindringens in die Stadt, war für die Regierungstruppen selbst 
eine Überraschung gewesen. Die zweite Belagerung von Paris 
endete mit einem Handstreich, welcher zunächst durch die kühne 
Entschlossenheit eines einfachen Bürgers ermöglicht wurde. 
Die Belagerer hatten ihre Laufgräben bis unter den Wall 
vorgetrieben. Bis Dienstag, den 23. Mai, hofften sie Bresche 
schiefsen und dann zum Sturmangriff schreiten zu können. Sie
	        
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