Full text: Belehrungen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen

Athen. 
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2. Soziale: 
a. Bei durchschnittlich guter Behandlung ertragen die Sklaven, 
besonders wenn sie verschiedenen Stämmen entnommen sind, 
selbst bei sehr grofser Überzahl lange ruhig ihr Geschick. 
Gemeinsame Nationalität (Heloten) und schlechte Behand¬ 
lung erzeugen dagegen Aufstände. (Spartacus, die sizilischen 
Sklavenkämpfe.) 
ß. Eine solche allgemeine Hingabe an politische und geistige 
Interessen seitens aller freien Männer wie in Athen ist nur 
auf der Basis einer starken Sklavenschaft möglich. (Ähn¬ 
liches in den nordamerikanischen Sklavenstaaten vor 1860.) 
y. Selbst in Demokratien ist die körperliche Arbeit nicht an¬ 
gesehen, wenn ein reicher Adel oder eine reiche Kaufmann¬ 
schaft vorhanden ist. 
ö. Die Demokratie neigt, um auch ärmeren Bürgern ohne deren 
Schädigung Beschäftigung mit allgemeinen Angelegenheiten 
zu ermöglichen, zur Zahlung von Entschädigungsgeldern für 
dem Staate gewidmete Zeit. 
£. Entfesselung der menschlichen Kräfte führt bei gesitteten 
Völkern zu höherer Kultur, aber auch zu gröfserem Einzel¬ 
reichtum und damit zur Abnahme der allgemeinen Sittlich¬ 
keit, zu schweren Schäden auf allen Gebieten, 
f. Die ständischen Verhältnisse stehen mit den politischen in 
W echselbeziehung. 
17. Der Ackerbau in sehr kleinen Staatsgebieten reicher, starker 
Handelsvölker bleibt in Blüte. (Attika — Karthago — 
Holland.) 
-fr. Ein Staatswesen ist gesund und stärkster Opfer fähig, wenn 
die (freien) Stände in Zufriedenheit und Eintracht bei einander 
wohnen. 
3. Allgemein: 
Die antike Vaterlandsliebe ist fast allgemein (aufser bei 
den Oligarchen) so gewaltig, weil in jenen Zeiten nur der Staat, 
dem man als freier Bürger angehörte, alles gab, alles gewähr¬ 
leistete: Freiheit, Staatsbürgerrechte, Besitz, Schutz, Ansehen, 
Ehre. Im Ausland war man nichts, zuweilen Metöke. Fiel 
der Staat, dann fielen auch die Einzelexistenzen und verloren 
alles. (Vgl. Olynth, Platää, Theben.) 
Weit anders der heutige Staat, das heutige Kriegsrecht, 
das heutige Niederlassungsrecht! Darum ist der heutige 
Patriotismus reicher an innerem Werte, er ist idealer, zumal 
es nicht mehr Beute für die einzelnen und dergleichen giebt. 
(Letzteres noch im siebenjährigen Kriege der Fall. Vgl. Lessing, 
Minna von Barnhelm, III, 4: „Er (Paul Werner) hat drei Meilen 
Schenk, Belehrungen. 4
	        
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