fullscreen: Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken (Reihe 3)

Sankt Kolumban der Jüngere und der heilige Gallus. 389 
Ueber das Leben dieses Geistesgewaltigen verlohnt es wohl einiges hier 
mitzuteilen, zumal es manches helle Streiflicht auch auf die Staats- und 
Kulturverhältnisse im Frankenreich der Merowinger wirft. Columbanus 
oder, wie er sich selbst gern nannte, Columba war auf Irland in der Pro¬ 
vinz Leinster um 540 geboren. Durch ein Traumgesicht war seiner Mutter 
geoffenbart worden, daß sie der Welt einen Mann von ganz besonderen 
Gaben schenken solle; darum hütete sie ihn sorglich und erzog ihn ganz 
allein, bis er herangewachsen war. Schon im Knabenalter begann er mit 
Eifer und fähigem Sinn den edlen Wissenschaften obzuliegen.^ Da er aber 
ein ungewöhnlich schöner Jüngling ward, so erregte er die Leidenschaft 
zuchtloser Mädchen; er aber entzog sich ihren Nachstellungen, nahm von 
seinen Genossen Abschied und beschloß in die Einsamkeit zu gehen. Seine 
Mutter, von Schmerz bewegt, wollte ihn nicht ziehen lassen. Er aber 
sprach: „Hast du nicht des Heilands Wort gehört: wer Vater ober Mutter 
mehr liebt denn mich, der ist meiner nicht wert?" Er bat die Mutter, die 
sich ihm in ben Weg stellte und die Thür vertrat, ihn nicht zn hindern. 
Doch sie warf sich weinend auf die Schwelle und rief, sie werde es nie¬ 
mals dulden. Da schritt er über die Mutter hinweg, sagte ihr Lebewohl 
und sprach: „Nie wirst du mich in diesem Leben wiedersehen; ich werde 
hinziehen, wohin der Weg des Heils mich führt." So wanderte er aus 
dem Lande Leinster und kam zu einem ehrwürdigen alten Einsiedel; ber 
unterwies ben klugen Jüngling gern in ber Erkenntnis aller göttlichen 
Schriften. Da sammelte Kolumban reiche Schätze der Gottesgelahrtheit. 
Darnach gedachte er Mönch zu werden und zog zu dem Kloster 
Benchor in Ulster, dessen Vorsteher ein ausgezeichneter Vater seiner Mönche 
war. Hier fing Kolumban an, sich ganz dem Beten und Fasten hinzu¬ 
geben, das sanfte Joch Christi zu tragen und sich selbst zu verleugnen. 
Viele Jahre verflossen. Da sehnte er sich, in die Fremde zu wandern, 
eingedenk des göttlichen Befehls an Abraham: Gehe aus deinem Vaterlande, 
von deiner Freundschaft und ans deines Vaters Hanse in ein Land, das 
ich dir zeigen will. Der ehrwürdige Vater des Klosters billigte feinen 
Entschluß und gab ihm zwölf Reisegefährten mit, die durch ihre Gottes¬ 
furcht bekannt waren; und so machte sich denn Kolumban im dreißigsten 
Lebensjahre auf den Weg und schritt mit feinen zwölf Begleitern unter 
Christi Führung zum Strande des Meeres hinab. Das erste Schiff, bessen 
sie ansichtig würben, bestiegen sie unb gelangten mit günstigem Winbe nach 
schneller Fahrt an bie Küste ber Bretagne. Hier verweilten sie einige Zeit 
unb erwogen, was sie nun thun sollten; bis sie sich entschlossen, ben Boben 
des fränkischen Reichs zu betreten und der Menschen Herzen zu erforschen, 
um entweder, wenn sie den Samen des Heils ausstreuen könnten, dort 
länger zu bleiben, oder wenn sie die Herzen in Finsternis verstockt fänden,
	        
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