Die Goldene Bulle. 29
Karl IV.
Karl IV. hat in den ersten fahren seiner Regierung in den
Reichsangelegenheiten eine gewisse Zurückhaltung beobachtet. Die
Zeit war schwer heimgesucht durch das verheerende Sterben, „den
schwarzen Tod"*), durch die (Epidemie der Geißlerfahrten und der
Judenverfolgungen 2).
Um d i e Kaiserkrone. Diese (traurigen) )ahre haben
auf die inneren Feindschaften, die sich aus Ludwigs Zeit Verschrieben,
beruhigend und ausgleichend gewirkt. 3n kirchlichen Fragen wurden
von Avignon her keine Schwierigkeiten mehr gemacht. So ist es
Karl nicht schwer geworden, im April *555 die Kaiserkrone zu er¬
langen. Er ist seit Friedrich II. der erste deutsche König, der sie
wieder dauernd und anerkannt getragen hat. Seine Haltung auf
dem Romzuge kennzeichnet seine Art vorzugehen3). Er erschien
in Italien nur mit 300 Rittern, die den Verdacht kriegerischer Ab¬
sichten nicht aufkommen ließen. 3n Pifa hatte er ein Gefolge von
4000 Mann. Als er in die Nähe von Rom kam, begab er sich zuerst
als Fremder dahin, als Pilger, um es in Augenschein zu nehmen.
Am ©stertag ^355 empfing er die Krone von der Hand eines Kar¬
dinals. Er hielt dann feinen Krönungszug mit Zepter und Welt¬
kugel unter dem Baldachin reitend nach dem Lateran. Die Römer
boten ihm die Regierung an, aber unter dem Vorwand einer )agd
verließ er die Stadt alsbald wieder. )n die inneren Angelegenheiten
der Römer wollte er sich nicht einmischen. Er ermahnte sie zum
Gehorsam gegen den Papst4).
Das erste große Verfafsungsgesetz. Das Kaiser¬
tum war gewonnen; nun ging er daran, alle Fragen der Königs¬
würde, des Wahlrechts, der Zeremonien und was im weiteren Um¬
fange dazu gehörte, systematisch festzustellen. Auf verschiedenen
Reichstagen und Versammlungen von J.355 bis Ende ^356 wurde
der Stoff beraten; das große Verfaffungsgefetz, die Goldene
Bulle,6) wurde feierlich zu Metz publiziert6).
Mir heißen und setzen, wenn es dazu sammt, daß des Kaisers oder des Königs
Tod kund wird in dem Bistume von Mainz, daß der Erzbischof von Mainz inner¬
halb der Frist eines Monats von der Kundwerbung des Todes an mit offenen
Briefen jeglichem Kurfürsten besonders den Tod anzeige, wenn aber derselbe
Erzbischof säumig oder laß wäre mit solcher Verkündigung, so sollen die Kur¬
fürsten aus eigenem Antriebe und ungerufen um der Tugend ihrer Treue willen,
mit der sie schuldig sind das Hl. Reich zu besorgen, zusammenkommen innerhalb
*) An den Leichen zeigten sich schwarze Beulen. 2) S.5.^28 u. ff. 3) Schäfer
I, 376. *) Ranke IX, ??-. 8) Bulle für Siegel, Siegelfapfel und Urkunde ge¬
braucht. 6) fjevcf II, 305. Ranke IX, 85.