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Recht ist. Weil es aber auch noch nicht alles aufgeschrieben war, was Recht
und Gesetz sein sollte, ließ der König auch noch einige kluge und gelehrte
Männer sich Hinsehen und alles aufschreiben und ein Gesetzbuch verfassen. And
auch das hat er noch wieder sehr fein gemacht. Er hat nicht bloß alles so auf--
schreiben lassen, wie es ihm selber richtig schien, sondern wie es Brauch war
im Volk. Das ist sehr wichtig. Denkt z. B., der König hätte sich ausge¬
dacht, wenn ein Vater zwei Söhne hat und einen Bauernhof, und er stirbt,
dann solle immer der Jüngste den iöof erben; denn der andere wäre doch schon
älter und könnte sich eher helfen. Das wäre garnicht so dumm, es wäre ein
guter Sinn darin. Aber die Leute würden doch sagen: „Das ist ungerecht,
bei uns ist es immer so gewesen, daß der Älteste erbt, und wir wollen nicht
wie Esau die Erstgeburt verkaufen. Das muß der König anders machen". Des¬
wegen mußten diese Rechtsgelehrten erst im ganzen preußischen Staat herum-
forschen und hören, was für Recht bei den Leuten heimisch wäre, und davon
suchte der König das Allerbeste heraus und ließ es in sein Gesetzbuch schreiben
und nannte es das Allgemeine Landrecht. Das war eine solche riesige Arbeit,
daß der alte König noch darüber gestorben ist; erst sein Nachfolger hat das All¬
gemeine Landrecht herausgegeben.
So hat dieser gute König dafür gesorgt, daß jeder sein Recht bekommen
konnte. Er hat den Richtern und allen Beamten ihr festes Gehalt gegeben,
daß sie nicht nach den reichen Leuten zu fragen brauchten, und hat befohlen,
daß die Richter keine Polizei mehr sein und nicht mehr regieren, sondern bloß
noch das Recht sprechen sollten und hat das große Gesetzbuch aufschreiben
lassen, daß nun alle Leute gleich im voraus wissen konnten, was Recht war,
und daß alle Richter nicht so Recht sprechen dürfen, wie es ihnen vielleicht
paßt, sondern wie es im Gesetzbuch geschrieben steht.
Er konnte ganz grimmig und böse werden, wenn er hörte, daß ein
Richter ungerecht gewesen war. So hatte einmal ein Müller die Richter bei
ihm verklagt. Der hatte nämlich mit seinem Gutsherrn und dem Landrat einen
Streit gehabt, in dem die Richter ihm Anrecht gegeben hatten. Der Landrat
hatte ihm das Wasser von der Mühle abgeleitet und hatte es in seinen Fisch¬
teich gebracht, und nun ging die Mühle nicht mehr recht. Da sagte nun der
Müller, er könnte die Pacht nicht mehr bezahlen, und der Landrat hätte die
Schuld. Das war aber nur zur Äälfte wahr, denn die Pacht konnte er des¬
wegen nicht bezahlen, weil er faul und liederlich gewesen war. Der Landrat
hatte ihm aber schon fünf Jahr lang das Wasser wieder gelassen, und er be-
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