Letzte Zeiten.
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Könige heilig gehalten neunzig Jahre lang. König Lud¬
wig aber sagte: „Das Gesetz soll nicht mehr gelten. Nie¬
mand soll mehr evangelisch sein in meinem Lande, sondern
jeder sei katholisch, wie Ich, der König. Will aber etwa
jemand Frankreich verlassen, um seinen Glauben zu behal¬
ten, der soll sterben."
Damit begann eine schwere Zeit der Verfolgung für
die Evangelischen in Frankreich, die man Hugenotten
nennt. Viele Tausende sagten: „Wir wollen Gott drenen
nach dem Glauben unserer Väter. Und ob wir unser
Leben verlieren sollten, so wollen wir lieber sterben und
unsere Seele retten, als unseren Glauben verleugnen."
Tausende und Abertausende machten sich mit Weib und
Kind auf, ließen Heimat und Habe im Stiche und retteten
sich über die Grenze.
Der Kurfürst befand sich eben in Potsdam, als er
die Nachricht erhielt, daß Ludwig XIV. das Gesetz Hein¬
richs IV. umgestoßen habe. Sogleich erbarmte er sich über
seine verfolgten Glaubensgenossen — denn er war ihres
Bekenntnisses — und befahl, bekannt zu geben, daß jeder¬
mann, der um des Glaubens willen Frankreich verlasse,
bei ihm in Brandenburg herzlich solle willkommen sein.
Das vernahmen die Flüchtenden, die umherirrten und
Zuflucht suchten, mit Freuden; viele Tausende kamen.
Die ersten, welche in der Mark eintrafen, mußten nach
Potsdam kommen; dort hieß sie der alte Fürst selbst will¬
kommen. Allen aber gab er eine neue Heimat in den
Dörfern und Städten der Mark, zumal in Berlin, und
blickte auf sie, wie ein Vater auf seine Familie.