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Dritte Periode, 264 — 133 v. €hr.
zustehenden Rechte, z. B. das Recht, die geschehenen Wahlen zu
verkündigen oder die Verkündigung zu verweigern, als ein solches
Mittel gebrauchen, dass die Censoren vermöge der ihnen zu¬
stehenden unbeschränkten Befugnisse nicht nur die Listen der
Tribus und Centurien und des Senats nach politischen Rücksich¬
ten feststellen, sondern auch in gleicher Weise über die öffent¬
lichen Bauunternehmungen verfügen; namentlich aber werden
zu gleichem Zweck die Auspicien verwendet, vermöge deren es
den Magistraten zustand, die Volksversammlungen durch An¬
setzung von Festtagen im Voraus unmöglich zu machen oder
durch Verkündigung von ungünstigen Vorzeichen zu verhindern
oder zu unterbrechen und geschehene Wahlen wegen eines angeb¬
lich dabei vorgekommenen Formfehlers für ungültig zu erklären:
eine Befugniss, die wahrscheinlich schon früher bestand, die aber
im J. 156 durch ein besonderes Gesetz (die Lex Aelia et Fufia)
ausdrücklich festgestellt und bekräftigt wurde. Endlich aber ver¬
dient noch bemerkt zu werden, dass die Provinzen in der grossen
Zahl derer, welche in den Provinzen die Staatseinkünfte zu pach¬
ten oder sonstige Geldgeschäfte zu treiben pflegten, der sog.
Publicani und Negotiatores, der Nobilität noch ein Machtmittel
verschafft hatten, welches sie in ihrem Interesse wohl zu ver¬
werthen wussten. Diese waren in ihren Geldgeschäften, durch die
sie nicht geringere Reichthümer erwarben als die Nobilität,
ganz und gar von den Statthaltern abhängig und daher ge¬
nöthigt, sie mit ihrem ganzen nicht unbedeutenden Einfluss zu
unterstützen.
Wenn aber sonach die Nobilität sich immer mehr von dem
Volke schied, so dass es in den letzten Jahrzehnten der Periode
schon zu den Seltenheiten gehört, wenn sog. Neulinge (homines
novi), d. h. Männer, die ausserhalb des Kreises der Nobilität
stehen, zu den höchsten Ehrenämtern gelangen, so war diese
Spaltung doch zur Zeit noch weit davon entfernt, ans Licht zu
treten; sie war nur unter der Oberfläche vorhanden, und äusser¬
lich wenigstens blieb die Eintracht zwischen Regierung und Volk,
die in der ersten Hälfte der Periode und besonders im zweiten
punischen Kriege so grosse Dinge geleistet, noch bis zu Ende
der Periode erhalten. Es kömmt daher nur ausnahmsweise vor,