Full text: Römische Geschichte in kürzerer Fassung

418 
Fünfte Periode, 31 v. Chr.—476 n. Chr. 
frühzeitig in die Hauptstadt, um ihm dort eine liberalere Bildung 
geben zu lassen. So machte also der Knabe und Jüngling seine 
ersten Studien in Rom. Er setzte sie dann in Athen fort, wurde 
aber von hier aus in den philippensischen Krieg hineingezogen, 
dem er auf die Aufforderung des M. Brutus als Kriegstribun 
beiwohnte. Nach der Schlacht bei Philippi kehrte er nach Rom 
zurück und lebte nun ganz den Studien und der Dichtkunst. 
Obgleich er aber demnach keinen weiteren thätigen Antheil an 
den öffentlichen Angelegenheiten nahm, so hatte er doch Auge 
und Sinn für dieselben; auch hatte er vielfachen Verkehr mit 
angesehenen Männern der Zeit, zumal nachdem ihn Mäcenas im 
J. 39 oder 38 unter die Zahl seiner Freunde aufgenommen hatte. 
Er dichtete nunmehr zuerst, in den J. 40 bis 31, die Epoden 
und die zwei Bücher Satiren, dann folgten, in den J. 30 bis 20, 
die ersten drei Bücher Oden; mit diesen wollte er nach seiner 
eignen Erklärung seine schriftstellerische Thätigkeit abschlössen, 
indessen fügte er doch in seinen späteren Lebensjahren, wo er 
sich meist auf seinem Sabinum, einem Geschenk des Mäcenas, 
aufhielt, noch ein viertes Buch Oden, das für die von Augustus 
im J. 17 veranstaltete Secularfeier gedichtete Seculargedicht (ccir- 
men seculare) und zwei Bücher Episteln hinzu. Den Inhalt sei¬ 
ner Satiren bilden hauptsächlich lebendige Schilderungen der 
Thorheiten und Fehler der Welt, die er aber gleich seinem Vor¬ 
gänger Lucilius (o. S. 374) nicht sowohl hasst und schmäht, als 
verlacht; die Episteln, die, wenn auch alles poetischen Schwungs 
entbehrend, vielleicht als das reichste und eigenthümlichste Pro¬ 
duct seiner Muse anzusehen sind, stellen in freiester Form unter 
Anknüpfung an persönliche Beziehungen vorzugsweise seine An¬ 
sichten über verschiedene Lebensverhältnisse dar, insbesondere 
über die literarischen Richtungen und Bestrebungen seiner Zeit; 
beide aber, die Satiren wie die Episteln, wollte er nicht als 
eigentliche poetische Erzeugnisse angesehen wissen, als solche 
galten ihm nur die Oden, in denen er, wie er sich selbst rühmt, 
als der erste die Lyrik der Sappho und des Alcäus auf römischen 
Boden verpflanzte, und die zum Theil nichts Anderes sind als 
freie Uebersetzungen der griechischen Muster, während ein ande¬ 
rer und zwar der grössere und bei Weitem ansprechendere Theil 
dem Inhalt nach durchaus römisch ist; die Epoden, die ihren
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.