170 Sechster Zeitraum. Vom Beginn d. Reformation bis zum Westfälischen Frieden.
Von den niederländischen Wirren wurden die deutschen Lande in
starke Mitleidenschaft gezogen. 1. Sowohl die Niederländer als auch die
Spanier warben auf deutschem Boden Söldner. (Vgl. die Hugenotten¬
kriege!) 2. Wiederholt überschritten Truppen der beiden kriegführenden
Parteien die Grenze und schädigten die deutschen Bewohner durch Plün¬
derungen und Brandschatzungen. 3. Die Kriegswirren und vor
allem die Schreckensherrschaft des spanischen Feldherrn nnd Generalstatt¬
halters Alba (1567—1573), der unter andern die Grafen Egmont und
Hoorn auf dem Markte zu Brüssel hinrichten ließ, veranlaßte Tausende
von Niederländern zur Auswanderung. Die meisten flüchteten in das
befreundete England (S. 171), viele aber begaben sich in die benachbarten
deutschen Länder (Kleve, Jülich, Köln) und verbreiteten hier die calvinische
Lehre. 4. Die sogen. Wassergeusen schädigten durch ihre Seeräuberei
ebensogut den deutschen wie den spanischen Handel. 5. Durch die Un-
abhängigkeitserklärung der sieben nördlichen Provinzen (1581), die
1579 sich bereits 1579 in der Utrechter Union vereinigt hatten, entstand
ein selbständiger Staat1, der sich zur ersten Seemacht der Welt entwickelte,
den Deutschen im Mündungsgebiete des Rheinstromes den Zugang zum
Meere versperrte und sogar in der Ostsee die Hansa völlig lahm legte.
Deutschlands Schwäche war Hollands Stärke. Ein deutscher
Reichstag, der sich mit der niederländischen Sache befaßte (1582), wußte
dem Kaiser Rudolf nichts anderes vorzuschlagen, als die Niederländer in
einem Schreiben von der gewaltsamen Sperrung des Rheinstromes abzu¬
mahnen (vgl. das Verhalten gegenüber Frankreich S. 167). Schließlich
erkannte das Deutsche Reich im Westfälischen Frieden die Trennung
der Niederlande von Deutschland an (1648). Mit Verachtung
sahen die Holländer, deren Land durch die Blüte des Ackerbaues, der
Industrie und des Handels das reichste der Welt wurde, auf die deutschen
„Muffen" herab.
e) Die Reformation in England. Der Untergang der Armada und
seine Folgen für Deutschland. In England erklärte Heinrich VIII. aus
dem Hause Tudor (1509—1547) sich zum Oberhaupt der anglikanischen
Landeskirche, welche im übrigen die Lehren und Einrichtungen der katho¬
lischen Kirche beibehielt. Diejenigen, welche sich weigerten, dem Könige den
i Die Republik der Vereinigten Niederlande, auch wohl nach der bei weitem
größten Provinz RepublikHolland genannt. Sie wurde beherrscht von den aus
den Gesandten der sieben Provinzen (Staaten) zusammengesetzten G e ner a l st a a t e n.
Das Haus Oranien hatte die Statthalterschaft in den einzelnen Provinzen. Die
südlichen Provinzen (Belgien) blieben als spanische Niederlande unter der
Herrschaft Spaniens.