3. Kapitel: Die nordischen Reiche ?c. 217
den sich reuig Beugenden auf und fragte ihn nach nochmaliger nach-
drücklicher Vorhaltung seines Vergehens, warum er doch einen Vater
anfeinde, der nur für ihn arbeite und damit nicht einmal seine Freund-
schaft erwerben könne. Des Sohnes Herz war überwältigt, der Vater
umarmte ihn beim Abschied und gestattete ihm nun größere Freiheit,
doch ließ er ihn die Lehrzeit in Küstrin gründlich durchmachen. Es
gewährte dem König die aufrichtigste Genugthuung, zu erfahren, daß
der Fritz auch Sinn für den Ernst und die Arbeit habe, und er konnte
es kaum glauben, daß ihm eingereichte Verbesferungsvorschläge für die
Domänen von seinem Sohne herrührten. Endlich bei der Hochzeits-
feter seiner Schwester Wilhelmine mit dem Markgrafen von Baireuth
ließ ihn ber versöhnte Vater heimlich nach Berlin kommen und führte
ihn der hochbeglückten Mutter mit den Worten in die Arme: „Nun,
da ist der Fritz wieder!" Er ernannte ihn zum Obersten eines
Infanterie - Regiments mit dem Standquartier in Ruppin, vermählte
ihn mit einer Nichte der Kaiserin, der Prinzessin Elisabeth von'
Braunschweig-Bevern, und erwarb für ihn Schloß und Gut
Rheinsberg. Hatte der Kronprinz mit innerm Widerstreben sich
dem Willen des Vaters gefügt, der ihm eine Gemahlin aufdrängte, die
er sich nicht felbst gewählt hatte, es nahm doch nach der
Katastrophe feiner Jugend fein Geist freiwillig die
Richtung auf eine geordnete und strenge Thätigkeit im
Sinne des Vaters, der er sich vorher abgeneigt gezeigt hatte. Der
Aufenthalt in Rheinsberg aber gab dem Kronprinzen reichen Ersatz für
die Leiden einer trüben Vergangenheit und diente ihm zur Vorbereitung
auf eine große Zukunft.
Drittes Kapitel: Die nordischen Reiche;
Rußlands Emporsteigen und Schwedens Niedergang.
Aus Rußlands Vorgeschichte; Peter der Große. 1682—1725
§ 86. Das russische Reich war in der Mitte des 9. Jahrhunderts
(II § 34) von drei normannischen Brüdern aus dem Stamme Ruß
gegründet, von dem ältesten derselben, Rurik in Nowgorod, ver-
enugt worden. Die Nachkommen desselben nahmen den griechisch-
katholischen Glauben an; das Reich zerfiel aber wieder in Teilfürsten-
tümer, welche meist den Mongolen zinsbar wurden (II § 121 ff.),
As nach dem Sturz der 240 jährigen Mongolenherrfchaft Jwanl., der
^r^-Re' ®r0Bfürst von Moskwa, sich mit dem Titel Czar zum
Selbstherrscher aller Reußen machte. Iwan II., der Schreckliche,
fchuf sich zur Stütze seiner Herrschaft in den Strelitzen (Schützen)
^stehendes Heer, eroberte Kasan, Astrachan und einen Teil von
©tbtnen und erfüllte Rußland ein Viertel-Jahrhundert in roher Freude
an unthaten durch seine Greuel an Fürsten, Bojaren (Adel) und
Städten mit Schrecken. Mit feinem Nachfolger erlosch der Mannes-
stamm der Ruriks am Ende des 16. Jahrhunderts, und durch eine