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Die Zeit von 1815 bis 1857.
königlicher Aufruf an das preußische und deutsche Volk, der die Einfüh¬
rung wahrer konstitutioneller Verfassungen in allen deutschen Staaten,
Preßfreiheit, Schwurgerichte, Religionsfreiheit re. befürwortete und den
Satz aussprach, daß Preußen fortan in Deutschland aufgehe. Doch
diese Ansprache wurde in Deutschland mit Mißtrauen angehört und mit
Bitterkeit zurückgewiesen; der auf den 1. April einberufene vereinigte
Landtag erließ ein Wahlgesetz zu einer konstituierenden preußischen
Nationalversammlung, die am 22. Mai eröffnet wurde, sich eben¬
falls wie die Frankfurter und Wiener allmächtig gebärdete und den
preußischen Staat in die größte Gefahr brachte. In Preußisch-
Polen entwickelte sich ein förmlicher Rassenkrieg; die Polen wollten
nicht deutsch, nicht in den deutschen Bund ausgenommen sein; eine De¬
markationslinie zwischen einem Deutsch- und einem Polnisch-Posen ge¬
nügte ihnen nicht, sie griffen am 29. April zu den Waffen, wurden
aber bis zum 12. Mai besonders von dem General Hirschfeld in einer
Reihe blutiger Gefechte geschlagen und wieder unterworfen; Mieros-
lawski und viele andere wanderten nach der Kapitulation aus, um
fremden Revolutionen zu dienen. In Berlin und auch in andern
größeren Städten überließ sich das Volk dem Genüsse der Anarchie
bald gemüthlich, bald wüste; die in kurzen Fristen aufeinander folgenden
Ministerien wollten entweder nicht ernsthaft einschreiten oder sahen ab¬
sichtlich zu, bis sich das Bedürfniß nach Ordnung bei den eigentlichen
Bürgern recht fühlbar einstellen würde. Die Regierung wartete, scheint
es, auf einen Umschwung der öffentlichen Meinung, welche damals noch
fest in den Glauben verrannt war, jede Volksversammlung und jede
Demonstration auf der Straße sei eine wohlberechtigte, weil das Volk
immer ruhig und zufrieden sei, wenn nur die Negierung recht thue:
Mit diesem Glauben stimmte es freilich schlecht, wenn z. B. Versamm¬
lungen von „Arbeitern" die Forderung stellten, daß der Staat die Kosten
der Kindererziehung übernehme, oder wenn in Berlin die Gitter vor
dem königlichen Schlosse weggenommen wurden, wenn endlich am 14.
Juni der Berliner Pöbel das unvertheidigte Zeughaus stürmte, die
Waffenvorräthe plünderte und einige erraffte Zündnadelgewehre (eine
nur bei der preußischen Armee damals eingeführte Waffe, deren Kon¬
struktion ein Geheimniß war, und von der man ganz außerordentliche Lei¬
stungen erwartete) an fremde Agenten verschacherte, gleichzeitig den sehr
liberalen der konstituierenden Versammlung vorgelegten Verfassungsent¬
wurf auf der Straße verbrannte und den mißliebigen Deputierten mit
dem Stricke drohte. Die konstituierende Versammlung selbst gerietst mehr
und mehr in den Zug ein französischer Konvent zu werden; aus dem
königlichen Titel wollte sie „von Gottes Gnaden" streichen, Adel und
Orden abschaffen, und gar zu gerne hätte sie die Militärmacht deöor-