fullscreen: Lesebuch für die Oberstufe der katholischen Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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die Ufer die mannigfachsten Aussichten dar. Im Thale lagern 
freundliche Ortschaften, an den Felsenabhängen grünen üppige 
Rebenpflanzungen, und auf den Gipfeln stehen romantische 
Burgruinen, aus denen der Geist einer grossen Vergangenheit 
redet. Bei Koblenz erweitert sich das Thal von neuem; aber 
schon bei dem altertümlichen Andernach stürzt sich der Strom 
abermals in eine Enge, bis bei Bonn die Berge in sieben hohen 
burggekrönten Häuptern, dem Siebengebirge, sich endigen. 
Die beiderseitigen Gelände schmücken nun statt des Reben¬ 
grüns segensreiche Saatfelder. Unterhalb Köln wird der Boden 
allmählich flacher, und der Strom wallt ruhig der reizlosen 
Tiefebene Hollands zu. Bei seinem Eintritte in die Niederlande 
spaltet er sich in zwei Arme, von denen der linke die Waal 
bildet, der rechte den Namen Rhein behält. Jener fällt, ver¬ 
einigt mit der Maas, in die Nordsee, dieser teilt sich von 
neuem noch dreimal und geht so geschwächt, einem beinahe 
lebensmüden Greise vergleichbar, unterhalb Leyden in die 
Nordsee. (Kühn.) 
17. Die Lorelei. 
i. 
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, 
daß ich so traurig bin? 
Ein Märchen aus alten Zeiten, 
das kommt mir nicht aus dem Sinn. 
Die Luft ist kühl, und es dunkelt, 
und ruhig fließt der Rhein; 
der Gipfel des Berges funkelt 
im Abendsonnenschein. 
2. 
Die schönste Jungfrau sitzet 
dort oben wunderbar; 
ihr goldnes Geschmeide blitzet, 
sie kämmt ihr goldenes Haar. 
Sie kämmt es mit goldenem Kamme 
und singt ein Lied dabei; 
das hat eine wundersame, 
gewaltige Melodei. 
3. 
Den Schiffer im kleinen Schiffe 
ergreift es mit wildem Weh; 
er schaut nicht die Felsenriffe, 
er schaut nur hinauf in die Höh'! 
Ich glaube, die Wellen verschlingen 
am Ende Schiffer und Kahn; 
und das hat mit ihrem Singen 
die Lorelei gethan. 
(H. Heine.)
	        
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