Object: [Teil 2, [Schülerbd.]] (Teil 2, [Schülerbd.])

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heraus und rief: „Ach, wie war ich erschrocken, was war's so dunkel 
in dem Wolf seinem Leib!" Und dann kam die alte Großmutter 
auch noch lebendig heraus und konnte kaum atmen. Rotkäppchen 
aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie dem Wolf den 
Leib, und wie er aufwachte, wollte er fortspringen, aber die Steine 
waren so schwer, daß er gleich niedersank und sich tot fiel. Da 
waren alle drei vergnügt. Der Jäger nahm den Pelz vom Wolf; 
die Großmutter aß den Kuchen und trank den Wein, den Rot¬ 
käppchen gebracht hatte, und erholte sich wieder; Rotkäppchen aber 
dachte: Du willst dein Lebtag nicht wieder allein vom Weg ab 
in den Wald laufen, wenn dir's die Mutter verboten hat. 
Es wird auch erzählt, daß einmal, als Rotkäppchen der alten 
Großmutter wieder Gebackenes brachte, ein anderer Wolf ihm zu¬ 
gesprochen und es vom Wege habe ableiten wollen. Rotkäppchen 
aber hütete sich und ging gerade fort seines Wegs und sagte der 
Großmutter, daß es dem Wolf begegnet wäre, der ihm guten Tag 
gewünscht, aber so bös aus den Augen geguckt hätte: wenn's nicht 
auf offener Straße gewesen wäre, er hätte mich gefressen. „Komm, 
sagte die Großmutter, wir wollen die Thüre verschließen, daß er 
nicht herein kann!" Bald darnach klopfte der Wolf an und rief: 
„Mach auf, Großmutter, ich bin das Rotkäppchen, ich bring' dir 
Gebackenes." Sie schwiegen aber still und machten die Thüre nicht 
auf. Da schlich der Böse etlichemal um das Haus und sprang 
aufs Dach und wollte warten, bis Rotkäppchen abends nach Hanse 
ginge, dann wollte er ihm nachschleichen und wollt's in der Dunkel¬ 
heit fressen. Aber die Großmutter merkte, was er im Sinn hatte. 
Nun stand vor dem Hause ein großer Steintrog; da sprach siezn 
dem Kind: „Nimm den Eimer, Rotkäppchen, gestern hab ich Würste 
gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog." — 
Rotkäppchen trug so lange, bis der große Trog ganz voll war. Da 
stieg der Geruch von den Würsten dem Wolf in die Nase, er 
schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, 
daß er sich nicht mehr halten konnte und anfing zu rutschen: so 
rutschte er vom Dach herab und gerade in den großen Trog hinein 
und ertrank. Rotkäppchen aber ging fröhlich nach Haus, und that 
ihm niemand etwas zu leid. Gebr. Grimm.
	        
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