Full text: Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte (Band 1)

484 Zweites Buch. II. Abschnitt: Bilder aus der Zeit der fränk. u. stauf. Kaiser. 
Christen verbunden, und beide vereinigt standen nun mit ihren Heerscharen 
den Kreuzfahrern entgegen. Nachdem der Bischof von Würzburg die durch 
Entbehrung und Anstrengung abgematteten Krieger mit begeisterter Rede ge¬ 
stärkt und sie auf den Beistand des heiligen Geistes verwiesen, der sich einst 
an diesem Tage auf die Aposteln niedergelassen und sie mit übermenschlichen 
Kräften ausgerüstet, ordnete der Kaiser die Schlacht. Die Türken sprengten 
mit wildem Geschrei heran, fanden aber an den stahlfesten Reihen der 
Deutschen so gewaltigen Widerstand, daß sie erschrocken zurückprallten. Wieder¬ 
holte Angriffe hatten keinen günstigeren Erfolg; doch zogen sie sich erst zurück, 
als die Nacht herannahte und die Walstatt bereits von mehreren Tausend 
Leichen bedeckt war. 
Die Anstrengungen und Gefahren der Schlacht waren indessen für die 
Kreuzritter weniger schrecklich als die Leiden der Entbehrung, der Mangel an 
Speise und Trinkwasser. Auf Befehl des Sultans waren die Lebensmittel 
verborgen, die Herden in Wälder und Gebirge getrieben worden; man 
schlachtete Pferde und Esel und stillte den Hunger mit ihrem Fleisch, den 
Durst mit ihrem Blut. Manche gingen in der Verzweiflung zu den Türken 
über und schwuren ihren Glauben ab. „Die Spreu muß vom Weizen gesondert 
werden!" sprach der Kaiser, als er es vernahm; „so lange solche Elende unter 
uns verweilten, konnte kein Segen auf dem Heere ruhen." So ging der 
Zug mehrere Tage fort. Ein Wegweiser führte sie mit Verachtung seines 
Lebens immer tiefer in die Einöde, und wenn einzelne Scharen ermattet 
hinter dem Hauptzuge zurückblieben, wurden sie die Beute der türkischen 
Reiter, die fortwährend das Heer umschwärmten und ihre Pfeile abschössen. 
Mancher tapfere Kriegsmann mußte in den zehn Tagen, während welcher das 
Heer von Philomelium nach Jkoninm zog, den Anstrengungen, den Ent¬ 
behrungen, den feindlichen Waffen erliegen. Manche kühne Heldenthat wurde 
in diesen Tagen der Not verrichtet, deren kein Geschichtsbuch gedenkt. Einzelne 
Züge wurden durch die Volkssage der Nachwelt erhalten. Dahin gehört 
die Erzählung von dem großen und starken Ritter aus dem Schwabenland, 
die der vaterländische Dichter in einer allbekannten Ballade zur Verherrlichung 
der „Schwabenstreiche" benutzt hat. Endlich gelangte das Heer in die Nähe 
der Hauptstadt, wo fruchtbare Gärten und Felder, grünende Wiesen und 
frische Wasserbäche dem ermatteten Leibe Stärkung verhießen. Aber das 
Paradies mußte zuerst gewonnen werden. Nicht nur, daß die Türken in 
zahlloser Menge den Zugang wehrten, daß hinter der schützenden Umzäunung 
der Gärten Bogenschützen in sicherem Versteck lauerten; die Stadt selbst war 
mit einer starken Mauer umgeben, uud in der Mitte ragte eine feste Burg 
als letztes Bollwerk empor. Aber die nahe Aussicht auf Erlösung von namen¬ 
losen Leiden und die Gewißheit, daß im Siege Leben uud Rettung, in der 
Niederlage Tod und Untergang sei, weckte die Lebensgeister und erfüllte die 
Gemüter mit Mut und Zuversicht. Nach einer schweren Gewitternacht be¬ 
gann der Angriff. Während der Kaiser selbst mit der alten Heldenkraft die 
Kreuzritter gegen die im Halbkreis aufgestellten Türken führte und trotz ihrer 
unermeßlichen Zahl nach hartem, blutigen Kampfe die wankenden Reihen 
durchbrach und zurückdrängte, erstürmte sein Sohn, der Schwabenherzog, die 
Stadt, mit wunderbarer Tapferkeit die Feinde niederwerfend und die fliehenden
	        
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