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ungeschmälert. Die deutschen Fürsten erhielten insonderheit gesetzliche Landeshoheit,
so daß ihnen künftig der Kaiser allein, ohne die Zustimmung eines Reichstags, keine
Gesetze sür das Reich geben oder aufheben durfte, wodurch freilich auch die Einheit
des deutschen Reichs gelockert wurde. Das Wichtigste aber war, daß die Evangeli¬
schen das Recht zu völlig freier Religionsübung erlangten. Alle Kirchengüter, die
sie zu Anfang des Jahrs 1624 besessen hatten, hätten jenen von den Katholischen
zurückgegeben werden sollen; doch geschah dies weit nicht überall, namentlich nicht
in Oesterreich. Am 24. Oktober 1648 wurde der Friedensschluß unterzeichnet, und
schon am 2. November darauf in Stuttgart ein Friedensfest gefeiert.
So schloß der schrecklichste aller Kriege, in welchem Deutschland zwei Dritt-
thcile seiner Bewohner einbüßte. Solche Opfer forderte die Rettung unseres evan¬
gelischen Glaubens!
181. Konrad Widerhold.
(ck 1667.)
Unter den Namen, welche aus der Nacht des dreißigjährigen Kriegs als
helle Sterne hervorglänzen, steht bei uns Württembergern der Name Widerhold
immer noch mit oben an. Er war gebürtig aus Ziegenhain in Hessen, aber
im Jahr 1619 als ein und zwanzigjähriger Jüngling in württembergische
Dienste getreten. Vom Drillmeister bet den Württembergischen Truppen hatte
er sich durch Tapferkeit und Geschicklichkeit zum Posten eines Oberstlieutenants
emporgeschwungen; und der Herzog Eberhard III. wußte im Jahr 1634 keinen
tauglicheren Mann, dem er die Vertheidigung der wichtigen Festung Hohentwiel
anvertrauen konnte. In der That hätte er auch keinen befferen weit und breit
finden können; denn Widerbold leistete sogar noch mehr, als der Herzog von
ihm verlangte. Er fand die Festung in einem ganz verwahrlosten Zustand;
die Magazine waren leer und mußten erst gefüllt werden. Widerhold wußte
sich die Mittel dazu vom Feinde selbst zu verschaffen. Die benachbarten Burgen
Hohenkrähen, Mägdeberg und Stauffen, die ihm nachtheilig werden konnten,
zerstörte er; die Kaffen füllte er mit Gold und Silber, das er dem Feinde ab¬
nahm. So wußte er einst, daß in Balingen 20,000 Thaler für das kaiser¬
liche Heer lagen. Widerhold war von seinem Freunde, dem Amtmann, zum
Mittageffen eingeladen, ließ aber dreißig Reiter und hundert Schützen in einer
Vertiefung bei der Stadt verbergen. Einige derselben kamen vor Tagesan¬
bruch als Zimmerleute und Marktleute verkleidet vor das Thor und wurden
auf ihre Bitte wegen der Kälte von der Wache in die warme Wachstube
eingelassen. Hier öffnete einer seinen Sack, bot einem der Wachsoldaten
Nüsse an und ließ zugleich mehrere auf den Boden fallen. Während nun
die Soldaten alle nach den Nüffen liefen, bemächtigten sich die Hohent-
wieler des Schlagbaums. Indeß eilte der übrige Hinterhalt herbei, be-
meisterte sich der Stadt, und Widerhold nahm das Geld als gute Beute
mit. In fünf Belagerungen schlug er die gewaltigsten und listigsten
Angriffe der Feinde ab; und selbst als der Herzog Eberhard ihm befahl,
die Festung zu übergeben, weil der Kaiser dies zu einer Bedingung seiner
Wiedereinsetzung gemacht hatte, verweigerte der treue Commandant von