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des Landes künftige Größe vorzubereiten. (,,Heinrich der Vogler", von
I. N. Vogl.)
In seiner äußeren Erscheinung verrieth Heinrich den König und Helden.
Männliche Schönheit, Kraft und Entschlossenheit, aber auch Milde und Groß-
muth zeichneten den von seinen Sachsen mit Stolz betrachteten und allgemein
geliebten Fürsten aus. Heinrich war in Gang und Haltung voll königlicher
Würde. „An ihm war jeder Zoll ein König", sagt ein deutscher Historiker.
In der Kriegskunst, in der Kampfweise zu Fuß und Roß war er Meister.
Bei den Waffenspielen that es ihm Keiner zuvor, auf der Jagd ruhte er nicht
eher, als bis er mit eigener Hand dreißig bis vierzig Eber, Bären, Hirsche
und anderes Wild erlegt hatte. Sein edler Sinn wollte stets nur das Gute;
von Ungerechtigkeit und Härte findet sich in seiner ganzen Regierung keine
Spur.
Eberhard versammelte 919 die fränkischen Großen nach Fritzlar, wo sich
auch Heinrich mit den sächsischen Fürsten einfand. Nachdem Eberhard den
Versammelten noch einmal Konrad's letzten Willen vorgehalten hatte, schlug
er den Herzog Heinrich zu dessen Nachfolger vor. Alle stimmten freudig zu
und begrüßten Heinrich als König. Da trat der Erzbischof von Mainz herzu
und wollte den Erwählten salben und krönen; aber Heinrich lehnte solchen
Dienst der Kirche ab und sprach: „Nicht also, ehrwürdiger Vater! Mir ge¬
nügt es schon, daß ich durch Gottes Gnade und dieser würdigen Männer Ver¬
trauen zuerst von meinen Vorfahren zum Könige erkoren wurde. Ich bitte
Euch, Salböl und Diadem für Würdigere aufzuheben; für mich ist diese Ehre
311 groß!" Heinrich wollte nicht in eine Abhängigkeit von den Geistlichen
treten; daß er sonst ein frommer Herr war, geht aus dem Umstande hervor,
daß er in früheren Jahren zur Büßung seiner Sünden eine Pilgerfahrt nach
Rom unternahm. So hatte Deutschland einen neuen Herrn empfangen, uitb
wahrlich, es hätte nicht besser wählen können, als es gewählt hatte. Heinrich
war zwar erst von Franken und Sachsen anerkannt, und die Bayern und
Schwaben, die man bei der Wahl nicht befragt hatte, erhoben Widerspruch;
doch wußte er durch Erust und Leutseligkeit die ihm feindlichen Herzöge dieser
Völker für sich zu gewinnen. Lothringen kam unter dem schwachen Karl
dem Einfältigen nicht zur Ruhe. Als Heinrich zum deutschen König erwählt
wurde, riefen die Lothringer ihn herbei und huldigten ihm. So kam dieses
schöne Herzogthum (924) zum deutschen Reiche und blieb von da an fast 700
Jahre bei demselben, bis es endlich wieder an Frankreich zurückfiel.
In demselben Jahre machten die Ungarn einen neuen Einfall. Heinrich
wagte nicht, mit den zwar tapferen, aber schwerfälligen Deutschen dem leichten
Reitervolke der Ungarn in offenem Felde entgegenzutreten, und hielt sich in
Burgen eingeschlossen; doch nahm er auf einem Streifzuge einen der vornehm¬
sten Führer der Feinde gefangen, mit dessen Freilassung und einem Tribut er
sich einen neunjährigen Waffenstillstand erkaufte, den er weise benutzte.
2. Heinrich der Städteerbaucr H. Anfänge des Ritterthums. —
*) Mehrere Geschichtsschreiber haben den König Heinrich mit dem Beinamen:
„der Städteerbaner" benannt; auch in die Dichtung ist dieser Name übergegan¬
gen. Man darf bei diesem Ansdruck aber nicht in die falsche Meinung gerathen,
daß Heinrich überhaupt die ersten Städte in Deutschland angelegt, und daß durch