Full text: Karten und Skizzen aus der allgemeinen Geschichte der neueren Zeit (Bd. 3/5a)

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Die Teilung Polens und seine spätere Entwicklung. 
Nr. 5. 
Die drei Teilungen Polens: 1772,1793, 1795. 
Die erste Teilung 1772. 
A. Der unter der Mitwirkung russischer Bajonette 
gewählte, politisch schwache König Stanislaus 
Poniatowski (1764/95) konnte der Einmischung 
dük“Äustandes (Rufsland und Preufsen) um so 
weniger Widerstand leisten, als die Unduld¬ 
samkeit der Polen gegen die Dissidenten 
(Protestanten und Orthodoxe) der Einmischung 
einen gerechtfertigten Anlafs bot. Noch mehr 
machte die unglückliche Verfassung (Wahl¬ 
königtum, liberum veto) und das gesellschaft¬ 
liche Elend den Staat fast lebensunfähig und 
nach aufsen hin wehrlos; denn nur Adel und 
Geistlichkeit hatten Rechte, ein Bürgerstand 
war kaum vorhanden, und der Bauer lebte in 
stumpfer Abhängigkeit teilnahmlos dahin. — 
Die Reformversuche brachten auch die 
russische Einmischung in Flufs. Gegen die von 
Katharina II. 'erzwungenen Zugeständnisse an 
die Dissidenten (Radom 1767) bildete sich in 
Bar 1768 die bewaffnete Konföderation der 
Patrioten. 
B. Im Kampfe mit dieser bemächtigen sich die 
russischen Truppen unter Repnin „zum Schutze 
der Dissidenten“ des ganzen Landes bis an 
und über die türkische Grenze hinaus. (Balta.) 
Um nun nicht das gesamte Polen den Russen 
zu lassen, verständigt sich Friedrich d. Gr. 
mit Joseph II. über eine Beteiligung an der 
Beute. Maria Theresia gibt „weinend“ ihre 
Zustimmung. Den vereinigten Nebenbuhlern 
gegenüber versteht sich Katharina zur ersten 
Teilung. 
G. „Zur Wiederherstellung der Ruhe und Ord¬ 
nung“ nehmen 
1. Rufsland das Land bis zu den Flüssen Düna, 
Drusch und Dniepr, 
2. Österreich Ostgalizien und Lodomirien, 
3. Preufsen das einst dem Deutschen Orden 
entrissene Westpreufsen nebst dem Netze¬ 
distrikte und Ermeland (aber nicht Thorn und 
Danzig). Diese Wiedergewinnung deutschen 
Bodens war doppelt erfreulich, da das Land 
noch immer vorwiegend deutsch und sein 
Erwerb auch für die Erhaltung Ostpreufsens 
notwendig war. 
Die zweite Teilung 1793. 
A, Die Beschäftigung Rufslands mit den Türken 
und Österreichs und Preufsens mit den Fran¬ 
zosen ermutigte die polnischen Patrioten zu 
Iteformversuchen (Kosciuszko). Polen sollte 
ein Erbkönigtum, das liberum veto abgeschafft, 
Bürger und Bauern zur Regierung heran¬ 
gezogen und den Dissidenten die Religions¬ 
freiheit zugestanden werden. Diese Bestre¬ 
bungen fanden anfänglich auch Preufsens 
Unterstützung. Dagegen aber, also für die 
Anarchie, sprach sich die von den Russen be¬ 
stellte Konföderation von Targowicz aus. 
B. Unter dem Eindrücke der wachwerdenden pol¬ 
nischen Parteiwut ändert Friedrich Wilhelm II. 
seine Anschauung. „Gegen den demokratischen 
Jakobinismus“ rücken Russen und Preufsen 
in das Land und erzwingen vom „stummen 
Reicustage“ in Grodno die Zustimmung zur 
zweiten Teilung. 
C. 1. Rufsland erhält das östliche Litauen und 
Wolynien. 
2. Preufsen bekommt Südpreufsen nebst Danzig 
und Thorn (auch Kalisch). 
Die dritte Teilung 1795, 
A. In ihrer Verzweiflung rufen die polnischen 
Patrioten (Kosciuszko) von Krakau aus das 
Volk zur Freiheit auf. 
B. Kosciuszko vernichtet die russische Streit¬ 
macht in Warschau und behauptet die Haupt¬ 
stadt gegen die Preufsen, verliert aber gegen 
Fersen die Schlacht bei Maciejowice (finis 
Poloniae) und gegen den furchtbaren Suwörow 
die Warschau deckende P'estung Praga. (1794) 
Die Russen besetzen Warschau unter erbar¬ 
mungslosen Greueln (12000 Wehrlose gemordet) 
und brechen damit den Widerstand. 
C. Rufsland, Österreich und Preufsen (letzteres 
schlofs, um besser berücksichtigt zu werden, 
den Frieden von Basel) teilen „aus Liebe zum 
Frieden und um der Wohlfahrt ihrer Unter¬ 
tanen willen“ den Rest Polens. 
1. Rufsland erhält das westliche Litauen, also 
den Löwenanteil, und nimmt dazu das 
Herzogtum Kurland. 
2. Österreich bekommt Westgalizien (auch 
Krakau). 
3. Preufsen gewinnt Neuostpreufsen mit War¬ 
schau und Neuschlesien. 
Vom sittlichen Standpunkte aus begegnet die 
Teilung Polens manchem Tadel. 
Für Preufsen ist jedoch geltend zu maohen, 
dafs es sich in einer Art Zwangslage befand und 
nur durch seine Beteiligung an der Zerstücke¬ 
lung seine östlichste Provinz und seine offenen 
Grenzen gegen das immer mächtiger werdende 
Rufsland schützen konnte. 
Vom polnischen Gesichtspunkte aus ist nicht 
zu vergessen, dafs nur der faule polnische Staat, 
nicht aber die polnische Nation zu Grunde ge¬ 
gangen ist. In den 100 Jahren, die seit der 
Teilung verflossen sind, hat sich m den preufs. 
Landesteilen die polnische Bevölkerung von etwa 
500000 Einwohnern auf 1800000 Einwohner ge¬ 
mehrt, deren Lage gegen früher eine beneidens¬ 
werte ist. Wüste Strecken Landes sind dem 
Ackerbau erschlossen worden (Netzebruch, kolo¬ 
nisiert durch Württemberger), Land- und Wasser- 
strafsen gebaut (Bromberger Kanal) und blühende 
Städte befinden sich da, wo sonst elende Dörfer 
waren. (Bromberg damals 500 Einwohner, jetzt 
56000 Einwohner; ähnlich entwickelten sich Posen, 
Elbing, auch Danzig.) Besonderes Verdienst er¬ 
warb sich Preufsen durch Einrichtung von Schulen, 
Ordnung der Rechtspflege und der Verwaltung 
und auch durch die Zucht, die der Dienst in der 
Armee mit sich bringt. 
So sind die an Preufsen gekommenen pol¬ 
nischen Gebiete jetzt blühender, denn je. Das 
Gleiche gilt von Galizien und selbst das russische 
Polen ist trotz aller brutalen Behandlung in 
wirtschaftlicher Beziehung in einem viel besseren 
Stande, als es je zuvor gewesen. 
Die staatliche Selbständigkeit ist allerdings 
für Polen verloren; aber war dies nicht eine ge¬ 
schichtliche Notwendigkeit? 
Pskow 
Berlin 
o Kursk 
Zips to 
Ungarn 
Charkow 
1772: 1793: 1795: 
1~~1 an Rufsland 108 000 qkm 1500000 E. O an Rufsland 250000 qkm 3 000000 E. dH an Rufsland 112 000 qkm 1 200000 E. 
CZ3 „ Preufsen 35000 „ 400000 „ dH „ Preufsen 58000 „ 1000000 „ 1_____I „ Preufsen 55000 „ 1000000 „ 
l I „ Österreich 70000 „ 2 500000 „ i I „ Österreich 46000 „ 1000000 „ 
213 000 qkmT4400000 E. 308000 qkm 4000000 E. 213000 qkm 4200000 E. 
Von den 730000 qkm mit 12600000 E. hat Rufsland demnach 470000 qkm mit 5700000 E., also weitaus das meiste, 
an sich gerissen. Das Ganze zu erhalten ist ihm glücklicherweise nicht gelungen.
	        
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