Full text: Karten und Skizzen aus der Entwicklung der größeren deutschen Staaten (Bd. 6)

Baden und Württemberg in der Neuern Zeit. 
Nr. 12. 
Eberhard d. Greiner + 1392 
Urach I Stuttgart 
I I Württemberg. 
I Baden. 
Frankreichs Erwerbungen 1552. 
Bis 1789 hinzugekommen. 
Koblenz 
y. Eberhard II. f 1504 Heinrich 
Eberhard V. im Bart 
Herzog 1495, f 1496 
w Inningen 
Stuttgart 
Mömpelgard 
Ulrich VI. f 1550 
vertrieben 1519—1534 
Frankfurt ^«w_Aj[anaa 
Offeubach 
Wiesbaden 
Christoph + 1568 ^/liJberhard Ludw^Karl Alexander 
Linie erlischt 1593 an .j. 1733-^'^ | .j.1737 
Karl II. Eugen 
f 1793 
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Karl Wilhelm f 1788 
Karl Friedrich f 1811 
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Baden. 
Der mild und gerecht denkende Christoph I. hatte bei seinem 
Sterben (1527) das Land, zu dem Ende des Mittelalters noch Hochberg 
und Sausenberg hinzugekommen, unter seine beiden Söhne annähernd 
gleich geteilt. Bernhard hatte Baden-Baden, Ernst Baden-Pforzheim 
(später Dur lach) und die südlichen Nebenlande erhalten. Die Re¬ 
formation brachte dann diese getrennten Linien noch weiter auseinander, 
da Baden-Baden, namentlich nach der unglücklichen Wimpfener Schlacht 
(1622), der katholischen Sache treu blieb, während Baden-Durlach dauernd 
zu den streitbarsten Kämpfern für die evangelische Lehre gehörte. 
Von der Baden-Badener Linie ist der bedeutendste Ludwig- 
Wilhelm (1677/1707), der sich nicht blofs gegen die Türken bei Wien 
(1683), Ofen (1686) und Salankemen (1691) auszeichnete, sondern auch 
gegen seinen Paten Ludwig XTV. Die leichte und geniale Entschliefsungs- 
kraft eines Prinzen Eugen oder eines Herzogs von Marlborough besafs er 
allerdings nicht. (1704) Als Landesherr verlegte er, dem Geschmacke 
seiner Zeit huldigend, die Residenz von Baden-Baden nach Rastatt. 
Die volle Ebene entsprach ja mehr dem damaligen Schönheitsgefühl, 
als die für Massenbauten weniger geeigneten Berge, doch erleichterte 
ihm freilich den Entschlufs der Umsiedelung die durch Melacs Scharen 
bewirkte Zerstörung des alten und des neuen Schlosses in Baden-Baden. 
Im neuen Rastatter Schlofs fanden 1714 die Friedensunterhandlungen 
statt, die die spanischen Erbfolgekriege beendeten, während seine Gattin 
Auguste Sibylle vorwiegend in dem nahen Schlofs Favorite sich auf¬ 
hielt, wo sie sich erst ihren Freuden und dann den ausgesuchtesten 
Kasteiungen widmete. — Den Prachtbauten — auf das Rastatter Schlofs 
allein waren über 12 Millionen Gulden verwendet — entsprach aber 
nicht der Wohlstand des Landes und überverschuldet ging dasselbe 1771 
auf die jüngere Linie über. — Wirtschaftlich war jedenfalls besser in 
Baden-Durlach verfahren. Schon der Begründer Ernst war „zwar 
fürstlich und löblich, aber ersparlich“. Von seinem Zimmer über dem 
Toreingang im Pforzheim aus überwachte er als guter Hausvater, 
was ein- und weggetragen wurde. Ähnlich war sein Nachfolger, Karl 
„mit der Tasche“, der allerdings das Schlofs Karlsburg baute, aber doch 
persönlich noch aus einem Säckchen die Werkleute bezahlte. — Georg 
Friedrich (1590/1622) beteiligte sich an der Union in Ahausen (1608), 
kämpfte dann unglücklich mit seinen Pforzheimern bei Wimpfen (1622) 
und lebte darauf längere Zeit zurückgezogen auf seiner Feste Hochberg. 
Sein Sohn Friedrich V. verband sich in gleicher Politik mit Oxenstierna 
(Heilbronn 1633) und bekam dann im Westfälischen Frieden sein Land 
zurück. Von den Heimsuchungen durch die Mordbrenner Melacs (1689) 
hatten auch Durlach und Pforzheim schwer zu leiden. 
Der Markgraf Karl Wilhelm (1709/1738) entschied sich demnach 
aus demselben Anlafs, wie sein Vetter Ludwig Wilhelm in Baden-Baden, 
zum Baue eines neuen Schlosses, das, fern vom Weltgetriebe, mitten im 
Walde liegen sollte. Nach Herstellung des Friedens wollte er sich ein 
„Karlsruhe“ errichten, freilich zunächst nur aus Holz, aber doch grund¬ 
sätzlich nach dem Muster des Versailler Schlosses. Nach hinten wurden 
radienförmig 32 Durchhaue in den Wald hinein angelegt und ebenso 
fächerartig nach vorne die Strafsen für die Wohnhäuser, die jedoch be¬ 
scheiden ländlich und einstöckig bleiben mufsten. Nur Mansardendächer 
wurden nach Art der holländischen Gartenhäuser gestattet. Von dem 
Mittelpunkte des Schlosses aus konnten die Blicke und Befehle des Mark¬ 
grafen, den Strahlen der Sonne gleich, nach allen Richtungen gehen; 
hier wollte derselbe, der zugleich ebenso fromm wie galant war, in 
Betrachtung der Natur und im Genüsse des Schönen den Schöpfer recht 
verehren. Freilich fand er auch hier die „Ruhe“ nicht, die er sich von 
der Beobachtung und dem Genüsse versprochen hatte. Hatte Karl Wilhelm 
viel von der Frömmigkeit und der Galanterie Ludwigs XIV., so war der 
Nachfolger Karl Friedrich (1738/1811) ein Kind seiner aufgeklärten, 
auf Philanthropie und Zweckmäfsigkeit gerichteten Zeit. Rückhaltslos 
strebte er vorwärts. Die Rechtspflege wurde menschlicher (Tortur und 
Todesurteil abgeschafft), die Toleranz mit Ernst geübt, wozu ihm aller¬ 
dings die Erbschaft des katholischen Baden-Baden (1771) sowie die Aus¬ 
einandersetzung über die Hinteren Sponheimschen Gebiete (1776) noch 
besondere Anregung gaben. Zur Hebung der Literatur trat er mit Klop- 
stock, Lavater, Jung-Stilling u. a. in nähere Beziehung. Bei den Massen 
suchte er Bildung (Schulen und Bibliotheken) und Wohlstand zu fördern. 
Darum pflegte er die Landwirtschaft, die Forstkultur und den Gartenbau. 
(Verbreitung von Mais, Tabak, Hopfen u. a.) Kurzum, Karl Friedrich be¬ 
günstigte eifrig alles praktisch Gute und Nützliche, wie es ungestüm die 
„Aufklärung“ der neuen Zeit verlangte. Kein Wunder also, dafs bei den 
kommenden Umgestaltungen ihm schon deshalb allseitig die Neigungen 
entgegengetragen wurden. Dafs er persönlich über die Schranken der 
alten Sitte sich wegsetzte und in zweiter Ehe die nicht ebenbürtige 
„Gräfin Hochberg“ heiratete, machte ihn gewifs nicht unbeliebter. 
Das Herzogtum Württemberg. 
Die gröfste Territorialmacht auf schwäbischem Boden war Württem¬ 
berg, aber auch seine politische Bedeutung blieb bis zur französischen 
Revolution nur gering. Zum Herzogtum wurde es durch Maximilian I. 
erhoben. (1495) Es war mit dieser Auszeichnung auch eine persönliche 
Ehrung Eberhards I. im Bart (1450/96) beabsichtigt, der als der 
„reichste Fürst“ im Liede gefeiert wird, die Treue seines Volkes sich 
aber auch durch viele zweckmäfsige und treffliche Taten wirklich 
verdient hat. (Landfrieden, Universität Tübingen 1477, Verlegung der 
Residenz von Urach nach Stuttgart, Unteilbarkeit des Landes.) Sein 
zweiter Nachfolger Ulrich VI. (1504/1550), der so wesentlich in Württem¬ 
bergs Geschichte eingegriffen, war persönlich jedenfalls viel minder 
liebenswert. Aus der Pfalz-Landshuter Fehde gewann er gleich anfangs 
Maulbronn, Besigheim, Weinsberg und auch Heidenheim; aber seine 
Natur war gewalttätig undl drängte sogar seine Gemahlin Sabine, eine 
bayrische Prinzessin, zur Flucht, trotzdem Ulrich überzeugt war, sie „nit 
zu hart“ geschlagen zu haben. Als Hans von Hutten,, ein Verwandter 
Ulrichs von Hutten, von dem Herzog aus Jähzorn im Walde erstochen 
wurde, und ein Überfall Reutlingens, das Württemberger Landstadt werden 
sollte, auch den Schwäbischen Bund in Bewegung brachte (1519), mufste 
der Herzog für lange Zeit aus dem Lande flüchten und konnte erst 1534 
mit Hülfe Philipps von Hessen nach Württemberg zurückkehren. Bei 
dieser Gelegenheit wurde das Herzogtum vollständig reformiert. Am 
Schmalkaldischen Krieg hatte der alt und krank gewordene Ulrich keinen 
ernstlichen Anteil mehr. Viel edeler war sein tatkräftiger,, durch harte 
Jugend gereifter Sohn Christoph (1550/68). Durch den trefflichen Brenz 
führte er die Reformation gründlich zu Ende, wobei er hochherzig dem 
Kirchengut eine der Erziehung dienende Verwendung gab. Nicht blofs 
die Universität Tübingen mit ihrem Stifte, sondern auch vorzügliche 
höhere Schulen in Urach, Blaubeuren und Maulbronn dienten hinfort der 
Ausbildung des hochbegabten Volkes. 
Auch in Württemberg machte sich die schwere Zeit des 30jährigen 
Krieges zeitig geltend. Schon seit 1622 wurde das Land verheert, der 
Herzog Eberhard IH. (1628/74) endlich nach der Nördlinger Schlacht 
(1634) aus dem Lande gejagt und Württemberg wie zu den Zeiten des 
Herzogs Ulrich eine österreichische Provinz. Nur die anscheinend un¬ 
einnehmbare Feste Hohentwiel wurde, obschon fünfmal belagert, durch 
den Hessen Wiederhold tapfer gehalten. Trotz dieser Heimsuchungen 
und trotz der Wiederholung derselben durch Melac, der Stuttgart 1688 
drei Tage lang plündern liefs, erlaubte sich Eberhard Ludwig (1677/1733) 
in dem ausgesogenen Lande alle die Freuden, an denen die absoluten 
Fürsten jener Tage Gefallen fanden. Um der ersten Gemahlin, die im 
Stuttgarter Schlofs blieb, aus dem Wege zu gehen, baute er sich für die 
zweite, eine Grävenitz aus Mecklenburg, die neue Residenz Ludwigs¬ 
burg. Natürlich wurde dieses Württemberger Potsdam ganz im Ge¬ 
schmacke jener Tage angelegt: Kasernen, lange, breite, schnurgrade 
Strafsen, meist Alleen, und überall wenig Verkehr. 
Hatte Eberhard Ludwig hier bereits die Anfänge einer stehenden 
Armee geschaffen (dieselbe zählte damals 2000 M.), so wurde diese unter 
dem soldatischen Vetter und Nachfolger Karl Alexander (1733/37) 
weiter entwickelt. Zur Beschaffung der Mittel für die 10 000 Sol¬ 
daten mufste der Hofjude Süfs-Oppenheimer immer neue Geldquellen 
erschliefsen. (Ämterverkauf, Lotterie, Monopole, selbst für das Kamin¬ 
fegen.) Länger und eingreifender regierte sein Sohn Karl Eugen 
(1737/93). Er war eine der gewalttätigsten Naturen. Sein Despotismus 
gestattete ihm willkürliche Einsperrungen auf dem Hohentwiel und 
Hohenasberg (Moser, Rieger, Schubart), Verkauf von Landeskindem an 
das Ausland, z. B. nach dem holländischen Kaplande (s. Schillers „Kabale 
und Liebe“), und Feste jeder Art. Selbstverständlich war das Halten 
einer zahlreichen Armee, die „dem Lustre des Hauses entspräche“. 
Und doch spielte dieselbe im 7 jährigen Kriege (1757 und 1759) eine kläg¬ 
liche Rolle, wie denn überhaupt die kriegerische Tüchtigkeit des schwä¬ 
bischen Stammes vor 1789 kaum irgendwo zum Ausdrucke gelangte. 
Im wesentlichen waren die damaligen Truppen ja für die Parade da. — 
Erheblich erfreulicher war die zweite Hälfte der langen Regierung 
Karl Eugens. Dasselbe Jahr 1770, in welchem er sich mit seinen Ständen 
vertrug und den Erbvergleich schlofs, der das „alte“ schon (1514) von 
Herzog Ulrich zugestandene „gute Recht“ der Stände bestätigte, brachte 
auch die Verbindung mit seiner zweiten Frau, Franziska v. Hohenheim, 
die den Herzog nicht gerade unvorteilhaft beeinflufste, sondern ähnlich, 
wie es die Maintenon bei Ludwig XIV. tat. Ihren Anregungen folgend, 
gründete er die Karlsschule auf der Solitüde. So militärisch und förm¬ 
lich uns die Einrichtungen dieser Anstalt erscheinen, so laut verkündigen 
doch anderseits die Leistungen zahlreicher Schüler ihr Lob. (Haug, 
Dannecker, Wolzogen, Schiller, Zumsteeg.) Goethe und den Herzog von 
Weimar, die 1779 von der Schweiz kamen, lockte es, auf der Rückreise 
hier den Prüfungen beizuwohnen. Freilich war Karl Eugen damals noch 
in den Vorurteilen seiner Zeit so befangen, dafs er seinen Kavalieren 
den Verkehr „mit diesem bürgerlichen Goethe“ verbot. Als aber die 
revolutionären Ideen überall eindrangen, änderte sich auch Karl Eugen. 
1791 trug er in Paris die Nationalkokarde und verkehrte mit Mirabeau. 
Wir sehen also auch Württemberg zeitig einlenken, und das förderte 
gewifs die demnächstige freundlichere Behandlung durch die Franzosen. 
Inzwischen war Frankreich mit seiner östlichen Grenze Deutsch¬ 
land immer näher gerückt. 1552 hatte es Metz, Toul und Verdun ge¬ 
nommen, 1648 das österreichische Elsafs, 1668 Teile der spanischen Nieder¬ 
lande (Diedenhofen), 1679 die „reunierten Dependancen“ Österreichs im 
Elsafs und die Reichsstädte, 1681 Strafsburg, 1766 Lothringen. Frankreich 
stiefs jetzt auf langer Linie an den Rhein, beherrschte mit seinen Strafs¬ 
burger Kanonen den Übergang über denselben und mit seinen Ideen, 
die natürlich viel weiter reichten, schon lange die Anschauungen der 
Deutschen, namentlich die der höheren Stände. 1789 schickte es sich an, 
mit seinen begeisterten, kriegerisch immer besser geführten Volksmassen 
siegreich den Rhein zu überschreiten. Da waren die winzigen links¬ 
rheinischen Reste deutscher Gebiete, wie Mömpelgard, das Württemberg 
nach immer besafs, nicht länger festzuhalten.
	        
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