Full text: Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen und ländliche Fortbildungsschulen

— 42 — 
ihr hilfsbedürftig werdenden Personen einstweilen und diejenigen, welche in 
ihr den Unterstüßungswohnsitz erworben haben, während der Hilfsbedürftigkeit 
dauernd zu unterhalten. Durch Einführung der Gemeindekrankenversicherung 
ist die Gemeinde endlich auch zur Trägerin der Zwangskrankenversicherung 
geworden und hat als solche versicherungspflichtigen Personen, welche im 
Gemeindebezirke beschäftigt sind, ohne einer selbständigen dort bestehenden 
Kassenorganisation anzugehören, eine gesetzlich festgestellte Krankenunterstützung 
zu gewähren. 
Weiter hat die Gemeinde den wirtschaftlichen Wohlstand ihrer An— 
gehörigen zu fördern. Die Gesetzgebung erklärt sie besonders für befugt, 
Sparkassen und Leihanstalten zu errichten, verpflichtet sie zur Mitwirkung 
an der Bekämpfung der Viehseuchen und räumt ihr endlich einen nicht 
unerheblichen Einfluß auf die Entwicklung von Handel und Gewerbe ein. 
Auch die Sorge für das geistige Leben und die sittliche Entwicklung 
der Gemeindeangehörigen ist den Gemeinden in weitem Umfange übertragen 
bezw. überlassen. Die Erxrichtung und Unterhaltung der Volksschulen ist 
ihnen zur Pflicht gemacht; die Errichtung von Fach- und Fortbildungs— 
schulen sowie etwaiger höherer Schulen ist ihnen überlassen. 
Der Dienstvorgesetzte des Bürgermeisters ist der Landrat. Wir werden 
dadurch daran erinnert, daß die Bürgermeistereien zusammen wieder den 
nächst höheren Verwaltungsbezirk, den Kreis, bilden. 
Die gesetzliche Grundlage für die rheinischen Kreise ist die Kreis— 
ordnung für die Rheinprovinz vom 30. Mai 1887. Die Kreise umfassen 
nicht nur die Landbürgermeistereien, sondern auch die Städte; nur die 
Städte mit mehr als 20000 Einwohnern bilden eigene Stadtkreise. 
Der Wirkungskreis der Kreise umfaßt, ebenso wie der der Einzel— 
gemeinden, Staatsgeschäfte und zwar teils solche, zu deren Verrichtung 
sie gesetzlich verpflichtet sind, teils solche, die sie freiwillig übernommen 
haben. Vorwiegend aber beschränkt sich ihre Tätigkeit auf das Gebiet 
der Verwaltung und zwar ganz besonders auf das Gebiet der inneren 
Verwaltung. Eine wichtige Stellung kommt den Kreisen auf dem Gebiete 
des Wegebaues zu; sie sind geeignet und 38 alle nicht nur dem 
lokalen, sondern dem allgemeinen Durchgangsverkehr dienenden Wege in 
Bau und Unterhaltung zu nehmen; auch können sie nach Vereinbarung 
mit den Provinzialverbänden die Verwaltung der Provinzialstraßen unter— 
nehmen. Auch auf dem Gebiete der Wasserversorgung greifen neuer— 
dings die Kreise vielfach ein; 43 sind schon dazu übergegangen, zentrale 
Wasserleitungseinrichtungen zu schaffen. Desgleichen fördern die Kreise 
die Landwirtschaft in vielfacher Beziehung. An der öffentlichen 
Armenpflege sind die Kreise in verschiedenem Umfange beteiligt: überall 
sind sie verpflichtet, den Ortsarmenverbänden zur Tragung der sogenannten 
außerordentlichen Armenlast, welche in der Unterbringung der Geisteskranken, 
Idiotischen, Epileptischen, Taubsiummen und Blinden in die Provinzial— 
heilanstalten besteht, gewisse Zuschüsse zu geben. Die Kreise nehmen in 
gewissen Beziehungen an der öffentlichen Gesundheitspflege teil; 
so tragen sie z. B. die Kosten des Impfens. Sie können endlich durch 
Errichtung mannigfacher Anstalten wie Sparkassen, Kleinbahnen ꝛc. den 
wirtschaftlichen Wohlstand ihrer Angehörigen fördern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.