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ihr hilfsbedürftig werdenden Personen einstweilen und diejenigen, welche in
ihr den Unterstüßungswohnsitz erworben haben, während der Hilfsbedürftigkeit
dauernd zu unterhalten. Durch Einführung der Gemeindekrankenversicherung
ist die Gemeinde endlich auch zur Trägerin der Zwangskrankenversicherung
geworden und hat als solche versicherungspflichtigen Personen, welche im
Gemeindebezirke beschäftigt sind, ohne einer selbständigen dort bestehenden
Kassenorganisation anzugehören, eine gesetzlich festgestellte Krankenunterstützung
zu gewähren.
Weiter hat die Gemeinde den wirtschaftlichen Wohlstand ihrer An—
gehörigen zu fördern. Die Gesetzgebung erklärt sie besonders für befugt,
Sparkassen und Leihanstalten zu errichten, verpflichtet sie zur Mitwirkung
an der Bekämpfung der Viehseuchen und räumt ihr endlich einen nicht
unerheblichen Einfluß auf die Entwicklung von Handel und Gewerbe ein.
Auch die Sorge für das geistige Leben und die sittliche Entwicklung
der Gemeindeangehörigen ist den Gemeinden in weitem Umfange übertragen
bezw. überlassen. Die Erxrichtung und Unterhaltung der Volksschulen ist
ihnen zur Pflicht gemacht; die Errichtung von Fach- und Fortbildungs—
schulen sowie etwaiger höherer Schulen ist ihnen überlassen.
Der Dienstvorgesetzte des Bürgermeisters ist der Landrat. Wir werden
dadurch daran erinnert, daß die Bürgermeistereien zusammen wieder den
nächst höheren Verwaltungsbezirk, den Kreis, bilden.
Die gesetzliche Grundlage für die rheinischen Kreise ist die Kreis—
ordnung für die Rheinprovinz vom 30. Mai 1887. Die Kreise umfassen
nicht nur die Landbürgermeistereien, sondern auch die Städte; nur die
Städte mit mehr als 20000 Einwohnern bilden eigene Stadtkreise.
Der Wirkungskreis der Kreise umfaßt, ebenso wie der der Einzel—
gemeinden, Staatsgeschäfte und zwar teils solche, zu deren Verrichtung
sie gesetzlich verpflichtet sind, teils solche, die sie freiwillig übernommen
haben. Vorwiegend aber beschränkt sich ihre Tätigkeit auf das Gebiet
der Verwaltung und zwar ganz besonders auf das Gebiet der inneren
Verwaltung. Eine wichtige Stellung kommt den Kreisen auf dem Gebiete
des Wegebaues zu; sie sind geeignet und 38 alle nicht nur dem
lokalen, sondern dem allgemeinen Durchgangsverkehr dienenden Wege in
Bau und Unterhaltung zu nehmen; auch können sie nach Vereinbarung
mit den Provinzialverbänden die Verwaltung der Provinzialstraßen unter—
nehmen. Auch auf dem Gebiete der Wasserversorgung greifen neuer—
dings die Kreise vielfach ein; 43 sind schon dazu übergegangen, zentrale
Wasserleitungseinrichtungen zu schaffen. Desgleichen fördern die Kreise
die Landwirtschaft in vielfacher Beziehung. An der öffentlichen
Armenpflege sind die Kreise in verschiedenem Umfange beteiligt: überall
sind sie verpflichtet, den Ortsarmenverbänden zur Tragung der sogenannten
außerordentlichen Armenlast, welche in der Unterbringung der Geisteskranken,
Idiotischen, Epileptischen, Taubsiummen und Blinden in die Provinzial—
heilanstalten besteht, gewisse Zuschüsse zu geben. Die Kreise nehmen in
gewissen Beziehungen an der öffentlichen Gesundheitspflege teil;
so tragen sie z. B. die Kosten des Impfens. Sie können endlich durch
Errichtung mannigfacher Anstalten wie Sparkassen, Kleinbahnen ꝛc. den
wirtschaftlichen Wohlstand ihrer Angehörigen fördern.