Karls Gestalt. Karl war ein schöner, hochherrlicher Mann. Seine
großen hellen Angen blickten sanft und wohlwollend; aber wenn er zürnte,
glichen sie flammenden Feuern. Eine geradlaufende Nase, gesunde Gesichts¬
farbe und blondes, wallendes, langes Haar zierten sein Haupt. Er war
männlichen und majestätischen Ansehens, und mau erkannte in ihm den glor¬
reichen Weltgebieter. Keiner seiner Zeitgenossen kam ihm an Stärke gleich,
wenn er im Scherze einen gewappneten Ritter mit einer Hand von der Erde
erhob oder ein Hufeisen leicht auseinander brach.
Die Kleidung des Kaisers war einfach, an Werktagen nur solche,
welche Frau und Tochter ihm gesponnen und ge vebt hatten. Ausländische
Tracht haßte er. Einst nahm er titele seines Gcsolges, die sich iit aus¬
ländische kostbare Modepelze gekleidet hatten,
im heftigsten Sturmwetter mit auf die Jagd
durch Morast und Dorngestrüpp. Arg zersetzt
kehrten sie zurück und waren tioit ihrer Aus¬
ländem geheilt.
Seine Beschäftigung. Karl ruhte nur
wenige Stunden; dann stand er aus und berief
seinen Hof zu Reichsverfügungen. Der latei¬
nischen und selbst auch der griechischen Sprache
kundig, hing er doch besonders an der Sprache
seines deutschen Vaterlandes. Er dichtete selbst
Lieder und sammelte die im Munde des Volkes
tierbreiteten Gesänge von den Schlachten und
Königen der Vorzeit. Fast nichts dation ist
auf uns gekommen. — Karl hatte eine Gesell¬
schaft tioit Gelehrten am Hofe, mit denen er
oft freundlich zusammenkam, um mit ihnen
Über Kunst und Wissenschaft und die Mittel,
das Volk zu bilden, zu sprechen.
Sein Wirken für Kirche und Schule. Er war ein Freund des
Gottesdienstes und tierbesserte den Kirchengesang, indem er Sänger und
Orgelspieler ans Italien kommen ließ. Karl sorgte auch für gute Schulen,
in welche alle feine Diener ihre Söhne schicken mußten. Einst trat er
selbst tu die Schulstube, hörte aufmerksam zu und ließ sich die schriftlichen Ar¬
beiten der Schiller zeigen. Die Geschickten mußten alle auf feine rechte, die
Ungeschickten auf feine linke Seite treten, und da fand es sich, daß die letz¬
tern meist die Söhne vornehmer Eltern waren. Er wandte sich zu den
fleißigen, aber armen Kindern und sagte: „Ich freue mich, meine lieben
Kinder, daß ihr so gut einschlagt; bleibet dabei und werdet immer tiollkom-
mener. Ihr tierfolgt euer Bestes, und zu seiner Zeit soll euch mein Lohn
nicht fehlen. Ihr aber" — und hier wandte er sich zornig zu denen
zu feiner Linken — „ihr Söhne der Edlen, ihr feinen Püppchen, die
ihr euch fo reich und vornehm dünkt und des Wissens nicht nötig zn haben
meint, ihr faulen, unnützen Buben, ich sage euch, bei Gott! euer Adel und
eure hübschen Gesichter gelten nichts bei mir; tioit mir habt ihr nichts
Gutes zu hoffen, wenn ihre eure Faulheit nicht durch eifrigen Fleiß wieder
gut macht!"
Der Sachsenkrieg. Auch das Schwert zog Karl für das Christen¬
tum, um die heidnischen Sachsen zu demselben zu bekehren; aber die blutige
Schrift de£ Schwertes überzeugt nicht. So mußte Karl 30 Jahre lang
ftrcitcn, und am Ende war die Unterwerfung doch keine freudige. Die au»
gebetcte Jrmenfäule, das Heiligtum der Sachsen, war zwar vernichtet,
aber Karl konnte doch nicht verhindern, daß im geheimen noch den Götzen