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Zeitalter Wilhelms L und Bismarcks. Seit 1861.
m der Altmark geboren; doch vertauschten seine Eltern diesen Wohnsitz
schon im nächsten Jahre mit dem Kniephof in Pommern. Dieses Gut
wurde ihm selbst später zur Bewirtschaftung überlassen; denn obwohl
durch Schule und Universität zum Juristen vorgebildet, gab der noch
nicht 25jährige Referendar diese Laufbahn auf, um als Landwirt erst
in Pommern, dann in der Altmark die Familiengüter wieder in Ord¬
nung zu bringen. Als Mitglied des sächsischen Provinziallandtages
wurde er 1847 auch in den Vereinigten Landtag nach Berlin berufen;
in den Märztagen 1848 erfreute seine briefliche Mahnung auszuharren
den König Friedrich Wilhelm als ein erstes Zeichen der Zustimmung
im Lande; 1849 billigte er dessen Ablehnung der deutschen Kaiserkrone,
und 1851 wurde er in Frankfurt bei dem wiedereröffneten Bundestage
zum Gesandten ernannt.
2. Ausgerüstet mit der Fähigkeit des echten Staatsmanns, die
augenblickliche Lage mit schnellem Blick zu erfassen und die Maßregeln,
die sie für die Zukunft erheischt, richtig zu erkennen, wurde er sich hier
bald darüber klar, daß die einzige Richtschnur im Handeln Österreichs
die Lähmung Preußens sei und daß es hierin von den mitteldeutschen
Staaten unterstützt werde. Um so mehr trat er daher für die Erhaltung
eines starken Preußen ein, das nur so seine Rolle als „Uhu unter den
Krähen" zu spielen vermöge. „Patriae inserviendo consumor“ (Ich
verzehre mich im Dienste für mein Vaterland), war auch damals schon
sein Wahlspruch. In der Verfolgung dieses Zieles war er eins mit
dem Prinzen Wilhelm, dem näherzutreten seine Frankfurter Jahre Ge¬
legenheit genug boten. Was Wunder daher, daß dieser ihn 1862 zu
seinem Ministerpräsidenten machte, nachdem er ihn vorher noch an den
Höfen von St. Petersburg und Paris als Gesandten die Schule der Diplo¬
matie hatte durchmachen lassen! Bismarck folgte dem Rufe, willens, die
großen Fragen der Zeit, also vor allem die deutsche, zu ent¬
scheiden „nicht durch Reden und Mehrheitsbeschlüsse, sondern
durch Blut und Eisen" („Eiserner Kanzler").
§ 221. Der dänische Krieg 1864. 1. Die Zeit dazu kam schon
1864; sie brachte zugleich für den König die Rechtfertigung seiner
Heeresvermehrung. Am 15. November 1863 starb der dänische
König Friedrich VII., der auch Herzog von Schleswig-Hol-
stein war.
2. Diese Länder waren seit Jahrhunderten durch Personalunion mit
dem Königreiche Dänemark vereinigt (S. 76), genossen aber im übrigen
volle Selbständigkeit, wie ja Holstein sogar ein Staat des Deutschen
Bundes war. Dazu war ihnen seit alters gewährleistet worden, „up
ewig ungedeeld“ zu bleiben. Das bevorstehende Erlöschen der männ¬
lichen Linie des dänischen Königshauses hatte auf der einen Seite den
Bewohnern von Schleswig und Holstein, wo das salische Gesetz ((3.77**)