V. Norddeutsches Flachland.
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Die Provinzhauptstadt ^Königsberg, der Ausfuhrplatz der Landeserzeugnisse,
ist Seehafen geworden, seitdem der Pregel und das Frische Haff künstlich vertieft
sind. Durch Einfuhr englischer Kohle und rheinisch-westfälischen Eisens ist ihre
Industrie aufgeblüht, die sich früher auf Bearbeitung des an der Bernsteinküste
gefundenen Bernsteins beschränkte. Wegen seiner wichtigen Lage an der Bahn
Berlin-St. Petersburg-Königsberg eine starke Festung. Es hat auch eine Univer¬
sität uud ist Krönungsstadt der preußischen Könige (1701). Die nördlichste deutsche
Stadt ist Memel am Ausfluß des Kurischen Haffs, nahe 56° TsT.
Die ebenso dünn wie Ostpreußen bevölkerte, rein deutsche uud fast ganz evan- § 155.
gelische Provinz Pommern umfaßt den nordöstlichen, hauptsächlich als Schafweide
dienenden Teil der Pommerfchen Seenplatte, die beiden Seiten der unteren Oder
und den fruchtbaren NW mit der durch Fruchtbarkeit und landschaftliche Schönheit
bekannten Insel Rügen. — *Stolp ist als Fisch- und Gänsemarkt, Kolberg, die
mehrfach rühmlich verteidigte einstige Festung, als Bad bekannt. | Stettin an der
Oder, die Provinzhauptstadt, ist durch gute Eisenbahnverbindungen mit dem
Hinterland und Vertiefung der Fahrrinne bis znr Ostsee der bedeutendste preußische
Seehafen geworden. Sein Schiffbau ^ und seine Zementwerke sind hervorragend.
Der befestigte Seehafen Swinemünde liegt auf Usedom, der westlichen, das Haff
nach N abschließenden Insel. Die Universitätsstadt Greifswald uud ^Stralsund
gegenüber Rügen betreiben Handel nach den nordischen Ländern und Fischerei.
Das Land der Tieflandsmulde von der unteren Netze und Warthe bis zur § 156.
uuteren Havel und Elbe bildet die fast ganz evangelische Provinz Brandenburg.
Sie ist annähernd so groß wie Schlesien, hat aber, da ihr Ackerboden nur in der
Ukermark fruchtbar, sonst meist sandig oder sumpfig ist, nur zwei Drittel soviel
Einwohner, abgesehen von Berlin, das einen selbständigen Bezirk bildet.
Die vornehme, an Schlössern reiche Militär- und Beamtenstadt ^Potsdam liegt
reizvoll in der hügeligen und waldigen Seengegend an der Südostecke des Havel-
Vierecks. Nahe der Südwestecke und dem Planeschen Kanal ist die älteste Stadt
der Provinz, "^Brandenburgs durch Maschinenbau Eund Schiffahrt empor¬
gediehen. Gegenüber der Spreemündung, an der Havel und an der Bahn Berlin-
Hannover-Köln, die alte Festung ^Spandau, bekannt als die größte Rüstkammer
unseres Heeres. In sandiger Umgebung am südlichen Spreeufer liegt -j-Char-
lotteuburg. Dieser Sitz der größten Technischen Hochschule des Deutschen Reiches
und reger Gewerbtätigkeit ist zusammengewachsen mit
ff Berlin. Diese Zweimillionenstadt3, die dritte Stadt Europas, ist §157.
die Hauptstadt des Deutschen Reiches und des Königreichs Preußeu. Sie
liegt zu beiden Seiten der schiffbaren Spree und ist von zahlreichen
großen Jndustrievororten umkränzt. Durch die jahrhundertelange Für-
sorge seiner Fürsten ist Berlin zum Mittelpunkt der Wasser- und Land-
straßen und neuerdings der Eisenbahnen des Landes geworden. Hier ist
die größte deutsche Universität emporgeblüht. Die Kunst hat die Stadt
mit prächtigen Bauwerken (Reichstagsgebäude), mit schönen Straßen
1 Die Schiffswerft „Vulkan" nördlich vor Stettin hat unsere größten Schnelldampfer
und viele Kriegsschiffe erbaut.
- Die Stadt, damals Brennabor genannt, wurde 928 im Winter vom deutschen
Könige Heinrich I. erstürmt.
3 1905 mit Vororten 3 Mill. Einw.