Itonrad I. yon Franken. 911 — 918.
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dem bei Thietmar I, 4. Die dem sächsischen Hause nahestehenden Quellen
sind seines Lobes voll. Widukind I, 21 nennt ihn pater patriae et magnus
dux, den ann. quedlinb. 913 ist er dncum praecipuus; am meisten rühmt ihn
Yita Mahthildis ant. c. 1 SS. X, 575: dux in tota Germania princeps extiterat
nomine Otto, genere secundum seculi dignitatem nobilissimus, opibus pollens
et cunctos honore praecellens, quia virtutibus erat praeditus. Das Herzogtum
in Sachsen ging auf Ottos einzigen überlebenden Sohn Heinrich über, der
nach Auflösung seiner ersten, von der Kirche nicht anerkannten Ehe mit
Hathebui'g, der Tochter des Grafen Erwin von Merseburg, seit 909 mit
Mathilde, einer Urenkelin Widukinds, vermählt war und so in sich die An¬
sprüche der beiden vornehmsten Geschlechter Sachsens vereinigte. Konrad
scheint Heinrich als Herzog im östlichen Sachsen anerkannt, dagegen die Beleh¬
nung mit den von Otto erworbenen thüringischen Besitzungen (s. o. S. 537
zu 908) ihm versagt zu haben. Dadurch entstand von vornherein eine
feindselige Spannung, die im Jahre 915 zu einem offenen Bruche führte; vgl.
besonders Waitz, Heinrich I. p. 19 ff. und die ausführlichen Erörterungen
über den Gegenstand des Streits zwischen König Konrad und Herzog Heinrich
in Exc. 4 p. 197 ff. Einstweilen rächte sich Heinrich an dem Erzbischof
Hatto von Mainz, der wohl am meisten am Hofe des Königs gegen ihn geschürt
hatte, indem er im Frühling 913, während Hatto mit dem König am Rheine
sich aufhielt (s. die Urkunde Konrads aus Strafsburg vom 12. März 913, Böh¬
mer 1247, welche auf Bitten Hattos, Salomons etc. ausgestellt wurde), die in
Sachsen und Thüringen hegenden Besitzungen des Mainzer Stuhles überfiel und
in Besitz nahm, auch gegen die Söhne des Markgrafen Burchard, Burchard
und Bardo, die Fehde eröffnete, um sie zur Preisgabe ihrer Besitzungen zu
nötigen, vgl. "Widukind I, 22. Aus Gram darüber, wie Widukind meint, starb
Erzbischof Hatto am 15. Mai 913 (necrol. merseburg. p. 234, vgl. Waitz,
Heinrich I. p. 190, Diimmler H, 585 n. 46). Auch sein Tod gab zu reicher
Sagenbildung Anlafs und vor allem war es die sächsische Geschiehtschreibung,
die in dieser AVeise dem Hasse des Yolkes gegen den mächtigen Mann Luft
machte. Die Geschichtschreibung des späteren Mittelalters hat dann auch die
bekannte, nachmals am Mäuseturm in Bingen lokalisierte Sage, welche sich
ursprünglich an den Namen des Erzbischofs Hatto II. von Mainz (968 — 970)
heftete, auf Hatto I. übertragen, vgl. Leibniz III, 277 ff., Heidemann,
Hatto I, p. 36 ff. Die Zeitgenossen rühmen an ihm die Feinheit des Geistes,
(ann. fuld. 891: homo subtilis ingenii), der Fortsetzer Reginos 912 nennt ihn
vir adeo strenuus et prudens, und auch Widukind I, 22 mufs trotz seiner
unverhohlenen Abneigung ihn anerkennen als acutus consilio, acer ingenio et
qui varietate sibi consueta multos mortales praecederet.1
1) Was Leo, Vorlesungen I, 569 ff. weitläufig von einem Verfassungsplane Hattos erzählt, nach welchem
(las Reich, entsprechend der von ihm angenommenen Organisation der ostfränkischen Kirche, in 5 Herzogtümer
zerfallen sollte, über denen als oberster Herr der König stünde, ist ohne jede Gewähr in den Quellen. Im
Gegenteil sehen wir Hatto überall als Gegner der neu erstehenden, die königliche Macht beschränkenden her¬
zoglichen Gewalten: die als oberster Grundsatz festgehaltene Einheit der Kirche hatte die Einheit des Reiches
zur \ oraussetzung, daher der Ankampf der Kirche gegen die Selbständigkeitsgelüste der weltlichen Aristo¬
kratie.