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10. Ehe.
18. Das Ehebündnis der Germanen ist strenge und in
keinem Punkte sind ihre Sitten lobenswürdiger. Denn sie
sind fast die einzigen Ausländer, die sich mit einem
Weibe begnügen, sehr wenige ausgenommen, die nicht
aus Begierde, sondern standeshalber zu mehreren Ehe-
Verbindungen angegangen werden1).
Die Ausstattung bringt nicht das Weib dem Manne
sondern der Mann dem Weibe zu 2). Eitern und Ver¬
wandte sind zugegen, die Geschenke zu mustern: Ge¬
schenke, nicht ausgesucht zu weiblicher Tändelei, noch
zum Aufputze der Neuvermählten; Rinder vielmehr und
em aufgezaumtes Roß, ein Schild samt Frame und
Schlachtschwert. Auf solche Gaben hin wird die Gattin
angenommen: auch sie bringt hinwieder dem Manne
etwas von Waffenrüstung zu.
Dies ist ihnen das stärkste Band, dies die geheimnis¬
volle Weihe, dies sind die Götter des Ehebundes. Und
damit nicht die Gattin von der Gesinnung des Helden¬
mutes und den Schicksalen des Krieges sich losgelöst
wahne, so ermahnt sie die Eintrittsfeier des beginnenden
Ehestandes selbst, sie komme als Genossin der Arbeiten
und Gefahren, um gleiches im Frieden, gleiches im Kriege
zu tragen und zu wagen: dies kündigen das Rinder-
]) So hatte z. B. Ariovist zwei Frauen, von denen er
die zweite erst in Gallien geheiratet hatte (Cäsar, Gail. Krieg 1,53).
2) Nach altem germanischen Rechte stand das Mädchen
unter^ der Muntschaft (mundium = Gewalt; vgl. Vormund)
des Vaters, oder, wenn dieser gestorben war, des nächsten
männlichen Verwandten väterlicher Seite. Aus dieser ange¬
borenen Munischaft wurde das Mädchen durch den Braut¬
kauf (Munt- oder Malschatz) von dem Bräutigam losgekauft;
er wurde nicht der Braut, sonderndem Vormunde gezahlt und
in Gegenwart von Zeugen diesem zu rechtmäßigem Eigentum
übergeben.