Full text: Geschichte der neueren Zeit (Theil 3)

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Erste Periode der neueren Geschichte. 
bie Protestanten in gerechtem Unwillen über biefe Verurteilung ihrer 
Glaubenssache ohne richterlichen Entscheib ihre Theilnahme ab unb 
luben ihre Anhänger zu einer neuen Versammlung nach Schmalkalben 
ein, wo bie förmliche Lossagung vom Papste erfolgte (1537). Die 
zu biesem Zwecke abgefaßte Schrift Luthers, bie sogenannten Schmal¬ 
kalber Artikel, bie beibert Katechismen Luthers, bilben mit ber Augs¬ 
burger Consession unb ber Apologie bie symbolischen Bücher ober Be- 
kenntnisschriften ber lutherischen Kirche. 
io. Die Wiedertäufer unb bie Jesuiten. 
Zwei Ereignisse jener Tage schienen ben Fortgang ber Reforma¬ 
tion zu gefährden: ber Unfug ber Wiedertäufer in Münster unb bie 
Stiftung bes Jesuitenordens burch Ignatius Loyola. 
'taufet^1 Ju ber westfälischen Stabt Münster waren seit bem Bauernkriege 
Johann häufig Unruhen zwischen ben Bürgern unb bem Bischof vorgekommen; 
jj?jttbieien, ber Prediger Rottmann hatte angefangen bie neue Lehre zu versündigen. 
Darum mußte bas Domcapitel es geschehen lassen, baß in ben sechs 
Pfarrkirchen bie evangelische Prebigt gehalten würbe, währenb bie Dom- 
kirche bem katholischen Gottesbienste verblieb. Allein balb brachen neue 
unb gefährlichere Unruhen aus. Die Wiebertäufer hatten sich nach 
ihrer Nieberlage in Sachsen in bie Nieberlanbe begeben. Von ba 
B°Ä°7und kamen einzelne nach Münster. Unter biesen Schwärmern zeichneten 
ihre Genossen sich ber Bäcker Johann Matthiesen aus Harlem unb ber Schneider 
Johann Bockelson von Leyben aus. Als sie burch ihre Weissagungen 
das Volk aufregten, wurden sie aus der Stadt gewiesen. Allein sie 
kehrten zurück, brachten den Prediger Rottmann, den reichen Tuchhänd¬ 
ler Knipperdolling und den Bürger Krechting auf ihre Seite und pre¬ 
digten in den Straßen Buße und Wiedertaufe. Durch ihre Reden und 
fünfte? Prophezeiungen wurde die Menge bethört; überall standen Propheten 
gräulichen ans und entzückte Jungfrauen, welche den Himmel offen und die Engel 
^1533-34°"' herabsteigen sahen. Die Weiber tobten in Masse auf den öffentlichen 
Plätzen umher, jauchzten laut auf, hielten rasende Tänze oder fielen wie 
tobt nieber. Besonbers zeichneten sich babei bie Nonnen aus, welche 
ihre Kloster verlassen hatten. Man gewahrte unter ihnen Jungfrauen 
aus ben ebelsten Familien, welche von ihren Eltern unb Verwanbten 
vergeblich zur Rückkehr aufgestöbert würben, „Ihr seid nicht unsere 
Eltern," riefen sie, „denn ihr habt uns in die Häuser des Todes und 
der Hölle begraben." Die Verirrungen waren so ansteckend, daß selbst 
Edelfrauen und Töchter der Umgegend ihre Männer und Väter ver-
	        
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