4
Zahl gleichberechtigter, selbständiger, nur durch ein schwaches Band
zusammengehaltener Staaten auf. Neben dem König entsteht die
Landeshoheit. Das alte deutsche Erbkaiserreich wurde Wahl reich.
Die Wahlberechtigung, die ursprünglich dem gesamten deutschen
Volke zustand, ging später auf wenige Fürsten (Kurfürsten) über,
was 1356 in der goldenen Bulle König Karls IV. reichsgesetz¬
lich geregelt wurde und deren Macht wiederum stärkte.
In der vierten Periode des Deutschen Reichs von 1495—1806
endete der Kampf um Macht und Unabhängigkeit zwischen Königs¬
gewalt und der Territoriallandesherrschaft mit dem Siege der
letzteren. Der Westfälische Friede 1648 gewährte den
Landesherrn der einzelnen Gebiete sogar das Recht der Bündnis¬
schließung mit dem Auslande. Das alte Reich wurde zum Schatten¬
reich, nachdem im napoleonischen Rheinbunde die beteiligten
Staaten unabhängig geworden waren, und verschwand mit der
Niederlegung der Kaiser würde (1806) durch Franz II. von
Österreich. Deutschland war damit in eine größere Zahl von selbstän¬
digen Staaten aufgelöst; hier beginnt ein Wendepunkt der deutschen
Geschichte. Nach der Rheinbundakte (1806) und den Beschlüssen
des Wiener Kongresses vom September 1814 bis Juni 1815 wurde
die Zahl der deutschen Staaten von 296 auf schließlich 38 herab¬
gemindert. Aus inneren Gründen, aber auch dem Auslande gegenüber,
erschien eine engere Verbindung dieser Staaten dringend geboten.
Diese vollzog sich im Deutschen Bund (Wiener Bundesakte
vom 8. Juni 1815, Wiener Schlußakte vom 15. Mai 1820). Gebunden
sind nur die Einzelstaaten, nicht die Angehörigen der Einzelstaaten.
Der Deutsche Bund war ein völkerrechtlicher Verein, ein Staatenbund
(S. 16), ohne organische Zusammenfassung der Staatsangehörigen.
Eine einheitliche Bundesgewalt oder eine einheitliche Repräsentation
solcher gab es nicht, sie ruhte bei den Regierungen der Einzelstaatem
Sein Organ war einmal der Bundestag, auch Bundesversamm¬
lung genannt, der entweder (u. a. für die laufenden Geschäfte)
als engerer Rat oder für wichtigere Beschlüsse als Plenum tagte.
Es bestand sodann ein Bundesheer, jedoch kein eigentliches
Finanzwesen. Die Bundeseinrichtungen genügten der inneren und
äußeren Entwicklung Deutschlands nach keiner Richtung. Schon
in dieser Zeit fand der deutsche Einheitsgedanke eine besondere
Anregung durch die im Jahre 1833 erfolgte Gründung des deutschen
Zollvereins — also zunächst auf wirtschaftspolitischer Grundlage.
Nachdem nämlich durch die französische Kontinentalsperre
gegen England sich besonders im westlichen Deutschland eine Industrie
gebildet hatte, kam diese mit Wegfall der Sperre und dem Eintreten
der englischen Konkurrenz in Gefahr (S. 94). Preußen führte damals