Full text: Physische Erdkunde für höhere Lehranstalten

Physische Erdkunde. 
Gegenstand der physischen Erdkunde sind die festen, flüssigen und 
luftförmigen Bestandteile der Erde nach Zustand, Ursache und 
Wirkung sowie die für diese Bestandteile geltenden allgemeinen Gesetze. 
Erster Abschnitt. 
Die GesteinShiille ober Lithosphäre. 
A. Geschichte der Erdrinde im allgemeinen^. 
Entstehung der Erde. Nach der sog. Nebularhypothese 
war unsere Erde ursprünglich ein ungeheuer großer Gasball von sehr 
hoher Temperatur 2. Durch Ausstrahlung in den kalten Weltraum wurde 
aber die Erde aus einem glühenden Nebelball zunächst ein glühend¬ 
flüssiger Körper und später bildete sich um den flüssigen Kern 
eine feste Rinde oder Erstarrungskruste. Mit dem Erstarrungs¬ 
prozeß ging natürlich auch eine Zusammenziehung, eine Verringerung des 
Volumens Hand in Hand. Es traten daher von der Zeit ab, da sich um 
die Erde eine starre Kruste gebildet hatte, in dieser verschiedene Spannungs- 
zustünde ein. Die Folge hiervon waren Risse und Sprünge, die flüssige 
Masse (das Magmas drang durch die Öffnungen hervor und damit hatten 
die Ernptionserscheinnngen^, die sich von nun an immer wieder¬ 
holten, ihren Anfang genommen. Weitere Abkühlung führte zu einer 
Schrumpfung der Erdrinde, infolge deren sie sich in Runzeln und Falten 
legte, wie die Schale eines zusammenschrumpfenden Apfels; es entstanden 
Gebirge und Becken. Zugleich begann aber auch das noch gasförmige 
Wasser sich in flüssigem Zustande niederzuschlagen und seine mechanische 
und chemische Tätigkeit zu entfalten. Indem nun die im Wasser 
in großer Menge ausgelösten Bestandteile der Erdkruste sich niederschlugen 
und allmählich zu Gesteinen erhärteten, entstanden die Sedimentgesteines 
1 Die Wissenschaft von der Erdgeschichte heißt Geologie. 
2 Als Urheber der Nebularhypothese hat wohl der Philosoph Kant 
(1724—1804), nicht der französische Mathematiker und Astronom Laplace 
(1749—1827) zu gelten; dieser hat sie erst näher durchgeführt. 
3 vom griech. mägma = geknetete Masse. 
4 vom lat. eruptio — Ausbruch. 5 vom lat. sedimentum — Niederschlag. 
Geistbeck, Physische Erdkunde. 1
	        
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