97. Deutschland unter Rudolf von Habsburg.
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Das Herzogthum Oesterreich, sowie die Fürstcnthümer, welche dazu
gezählt wurden, waren nun also in Rudolf's und des Reiches Händen.
Heinrich von Baiern, der im letzten Kriege sich an Ottokar angeschlossen
hatte, mußte das Land ob der Enns, welches ihm Rudolf als Pfand
für den Brautschatz überlassen hatte, zurückgcben und statt dessen sich
mit ein paar Grenzstädten begnügen. Rudolf beschloß, die neugewonnenen
Lande seinem Hause zuzuwendeu. Auf dem Reichstage zu Augsburg
standen Rudolf's beide Söhne, Albrccht und Rudolf, neben ihm, als
er zu den Ständen redete: was er dem Reiche für Nutzen verschafft,
sei nächst Gott hauptsächlich durch diese seine Söhne geschehen; darum
sei es billig, daß sie Fürsten würden, damit sie dem Reiche ihren Dienst
desto besser beweisen möchten; und so wurden sie denn feierlich mit
Oesterreich, Steiermark, Kärnthen, Krain und der windischen Mark be¬
lehnt. Graf Mainhardt jedoch erhob Ansprüche auf Kärnthen und so
gaben es die beiden Söhne, noch ehe der Lehnsbrief ausgefertigt war,
wieder in ihres Vaters Hände zurück, welcher sofort mit dem Hcrzog-
thum Kärnthen Mainhardt belehnte. So war die Hausmacht Oester¬
reichs begründet.
Ein halbes Jahr war vergangen seit Rudolf's Krönung zu Aachen,
bis er den Papst Gregor X. beschickte, um die gewöhnliche Anerkennung
und Kaiserkrönung zu erwirken. Seine Gesandten waren Burggraf
Friedrich von Nürnberg und der Hofkanzler Otto Propst von St. Guido
zu Speier. Der Papst war eben auf einer großen Kirchenversammlung
zu Lyon und mit den Vorbereitungen zu einem Kreuzzuge beschäftigt;
er besann sich lange, bevor er auf Rudolf's Wünsche einging. König
Alfons von Castilien, in früherer Zeit zum römischen König gewählt,
hatte sich nie um Deutschland bekümmert; nun erneuerte er seine An¬
sprüche sowohl auf Deutschland, als ans das Herzogthum Schwaben. Nach
einer persönlichen Zusammenkunft mit dem Papste zu Beaucaire und
mancherlei Verhandlungen gab er seine Ansprüche auf, wogegen ihm der
Papst den Zehnten von den geistlichen Gütern Spaniens, zum Kriege
gegen die Araber, auf einige Zeit überließ.
Nachdem der Papst Rudolf als römischen König anerkannt hatte,
trafen sich Beide zu Lausanne. Rudolf kam mit seiner Frau, seinen
Kindern, ansehnlichem Geleite und angemessener Pracht. Hier nahm
er, sammt seinem ganzen Gefolge, das Kreuz aus des Papstes Hand
und beschloß am nächsten Pfingstfest in Rom zur Krönung zu erscheinen.
Bald nachher starb Gregor X. Drei Nachfolger wechselten schnell,
Rudolf kam nie zur Kaiserkrönung nach Rom, der Kreuzzng unterblieb
und außer einigen fruchtlosen Versuchen, das kaiserliche Ansehen in
Italien durch Gesandte aufrecht zu erhalten, blieb Rudolf fortan den
welschen Angelegenheiten fremd. Deutschlands Volk und Fürsten, das
erkannte er wohl, waren des Streites mit dem Papste müde und Ru¬
dolf hatte mit der Ruhe in Deutschland vollauf zu thun. Rastlos durch¬
zog er Deutschland von einem Ende zum anderen und beschwichtigte die
Pütz, Histor. Darstill, u. Charakteristiken. II.
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