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Achter Zeitraum.
mit dem Mutterstaate in Verbindung zu bringen; so würden sie
die Phöniciec des Mittelalters geworden seyn. Ihre kleinliche,
heimtückische Politik aber, nach welcher sie selbst die Türken unter¬
stützten, büßten sie theuer, denn Mahomed II. nahm ihnen, nach
Constantinopels Eroberung, 1-153, ihre Besitzungen am schwarzen
Meere, 1475, und verdrängte sie allmählig ganz aus den dorti¬
gen Gewässern. Eine streng aristocratische Regierungssorm setzte
den endlosen Revolutionen, welche in Genua stets getobt, ein Ziel,
seit 1528, so daß auch dieser Staat bis zu der verhängnisvollen
französischen Revolution fortdauerte.
Der Kirchenstaat, ein seltsames Gemisch von geistlicher
und weltlicher Obergewalt, verdankt seine Entstehung einer Schen¬
kung Pipins, des Königs der Franken, an den Papst Stephani!.,
754, von den eroberten Ländereien, welche dieser König den Lon-
gobarden entriß. In den normännischen Königen beider Sicilien
erzogen sich die folgenden Päpste treue Stützen gegen die weltliche
Gewalt, bis seit Gregor VII. die geistliche Macht, sich selbst ge¬
nug, der Macht der Fürsten trotzen konnte, 1075. Kühn streb¬
ten die Kaiser aus dem hohenstausischen Hause gegen den Fürsten
der Kirche an, darum berief dieser mit Karl von Anjou eine
minder gefährliche Dynastie auf den Thron von Neapel, 1265.
I nnocenz III., ch 1216, Gregor IX., f 1241, und Inno-
cenz IV., ch 1254, steigerten die päpstliche Gewalt bis auf den
höchsten Punkt. Dann aber sank die Heiligkeit der Päpste durch
den sittenlosen Wandel vieler derselben so tief in den Augen der Rö¬
mer und der umwohnenden Christen, daß man es gerathen fand,
den Sitz des Statthalters Christi von Rom nach Avignon zu
verlegen, 1305 — 1376, welches Clemens VI. von Johanna I.,
Königin von Neapel und Gräfin von Provence, erkaufte, 1348.
Doch ein anderes Uebel entsproß aus dieser Maaßregel. Die Pap¬
ste verfielen in eine gänzliche Abhängigkeit der Könige von Frank¬
reich, zum großen Verdrusse der übrigen Nationen, und eine, allen
rechtgläubigen Christen anstößige Kirchentrennung, Schisma, be¬
unruhigte die Gewissen, indem zwei, ja drei Päpste wider einan¬
der gewählt wurden, die sich gegenseitig mit dem Bannfluch be¬
legten. Das Concilium zu Kostniz, unter dem Kaiser Sigismund,
1414, führte mit Martin V. die Päpste wieder nach Rom
zurück, was ihrem Ansehen in etwas aufhalf; auch wußten sie ihr
Gebiet durch mehrere Erwerbungen zu vergrößern, denn Bologna,
Ancona, Ravenna, Ferrara und Urbino kamen, unter verschiede¬
nen Titeln, an den Kirchenstaat. Die Kirchenreformation,
i? vom Papste Leo X., einem lebensfrohen Weltmanne und eifrigen
Beschützer der Künste, bei ihrem Anfänge zu wenig beachtet, that
der päpstlichen Gewalt entschiedenen Abbruch und erweckte dersel¬
ben den gefährlichsten Feind, nämlich ein freies Forschen und
Denken.