Siebenter Abschnitt
1. Frankreich. — 2. Weibliche Erziehung in Frankreich. — 3. Bilder aus Paris. Zur
Physiognomie der Pariser Straßen. Volksbelustigungen in den elysäischen Feldern.
Paris und die Blague. — 4. Charakter und Organismus des Stadtlebens über¬
haupt. — 5. Marseille (Charakterbild einer Handelsstadt). Die Bastiden. Das Leben
in Marseille. — 6. Griechisches Leben in Südfrankreich. — 7. Das Thal der Rhone. —
8. Blicke auf und von Lyon.
1. Frankreich.*)
Frankreich bildet durch seine eigenthümliche geographische Lage zwar keine
so vollkommen und glücklich gestaltete Halbinsel als Spanien, aber doch
eine Halbinsel im eigentlichen Sinile des Wortes, indem seine gute Hülste
vom Meere umspült ist. Welin man aber die Hochgebirge mitrechllet,
welche gewöhnlich als Naturgrenzen auch die Sprachscheidungen der Völker
machen, so ist Frankreich eine sehr vollkonunene Halbinsel; denn vom
Gensersee bis Nizza, welche Jnselung oder Scheidung von Italien gegen
Osten durch die höchsten Alpen! und wieder von Perpignan bis Bayonne
durch die Pyrenäen voll Spanien im Süden! Nur der Osten bleibt zu¬
gänglicher und bildet keine so hohe Grenzscheide; dort sind der Jura, die
Vogesen, die Ardennen mit mäßigen Erhebungen; die höchsten Höhen nur
40<j0—5000 Fuß hoch über dem Meere, an der Somme fortlaufend nur
geringere Erhebungeil, endlich in einem kurzen Strich dem Meere näher
nur Ebenen und Sümpfe. Dies ist die Halbinsel Frankreich, ein großes,
schönes Land, reich an mannigfaltigen Gütern, 9600 Quadratmeilen
groß, mit 360^ Millionen Menschen. Dieses große Land zerfällt, außer wo
die Hochgebirge im Nordosten ein kaltes, fast nordisches Klima machen,
seiner natürlichen Beschaffenheit nach in zwei Theile. Das Land nördlich
der Loire und Lyons und nördlich der Berge von Auvergne gehört schon
dem Norden; es gehört schon sehr dem Klima von einem Theile Deutsch¬
lands und Englands; das Land südlich der Loire und Clermonts und Lyons
*) Nach E. M. Arndt's ,,Versuch in vergleichender Völkergeschichte".