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ti)un, darf, damit er die zierlichen Nichtigkeiten der geselligen Gewohnheiten
des Volkes nicht verletze, damit er die Eitelkeit nicht verwunde, kaum in
halbverblümter Rede sprechen da, wo gerade die vollste Wahrheit gefordert
wird. Welch' ein Jammer, wenn ein wahrer, tapferer Biedermann, der
den Schaden Israels wohl kennt, doch nimmer das Ding bei seinem wahren
Namen nennen, daß er die Gebrechen und Untugenden seiner „großen
Nation" nicht öffentlich schelten und bekennen darf. Wie will man
aber, wo diese Duldung der Wahrheit in den Ohren und
Herzen eines Bolkes fehlt, wie will man zur Gerechtig keil
und Gesetzlichkeit gelangen, zu dem Zustande, welchen das
unglückliche Volk, das sich des freiesten menschlichen Staa¬
tes würdig glaubt, jeden Tag so lautschreiend begehrt?
So steht es denn fest: Leichtigkeit, Lebendigkeit, Heftigkeit, aber auch
die gallische Unstetigkeit und Unruhe, der gallische Wankelmuth und Wech¬
sel, ein leichtes Fassen und Ergreifen, aber auch ein leichtes Loslassen.
Sie sehen die einzelnen Dinge sehr geschwind, fassen das Einzelne, das
Mannigfaltige auch leicht in ein bequemes Bündel zusammen, fertig für
den Gebrauch des Augenblicks; darum nennt man sie auch die „praktische
Nation", was sie auch sind, wenn man die leichte und bequeme Behand¬
lung der gewöhnlichen Dinge des Alltagslebens meint. Aber beharrlichen
Sinnes zu den Grundanfängen der Dinge hinabzusteigen, hier dauernde
feste Knoten zu bindenundein großesZiel unverwandtenBlickes
sestzuhalten: dazu fehlt es ihnen an der Tiefe des Geistes
und Gemüthes.
Es ist merkwürdig, daß der Franzose in dem Maße schlechter wird,
als er sich von Hause entfernt. Das Ding, was er bei sich honneur und
honnêteté nennt, worunter er aber etwas ganz Anderes versteht, als was
wir mit unserm deutschen „Ehre" und „Ehrbarkeit" bezeichnen, hält ihn
daheim noch in leidlichen Schranken der Ordnung und Tüchtigkeit. Es
ist gleichsam, als bedürfe er immer der Augen von Vielen und auch der
Reizung durch Viele, unt zur Redlichkeit angehalten, zur würdigen Thätig-
keit angespornt zu werden. Er ist der geselligste der Menschen, der Mensch,
der durch das Gefühl der Masse und Menge gehalten und getragen wird;
in kleinen Haufen verkümmert er, einzeln zerbröckelt er sich in der Welt
und verweht wie Sand. Geh' nach Petersburg und Stockholm oder Lon¬
don, ja geh' in die gesittete Welt hinaus, so weit sie ist, was siehst du?
Du siehst die Deutschen allenthalben neben und unter den Fremden als
Herren, die Franzosen als Diener. In Petersburg und Moskau leben
an 40,000 oder 5o,00u Deutsche, in Stockholm und London leben mehrere
Tausende derselben; an denselben Orten gehen auch Franzosen zu Tausen¬
den umher. Aber der Deutsche ist der große Kaufmann, der unabhängige,
tüchtige Handwerker, der Arzt, der Künstler, der Gelehrte, welcher mit¬
herrscht und mitentscheidet; der Franzose aber springt fast durchaus nur
in den kleinsten Diensten und Geschäften des Lebens, in den untergeordneten