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aufstößt, wenn er, anstatt über Jrun und Guipuzcoa nach Spanien zu 
reisen, durch die französischen Marktflecken Ainhoa und Ustariz seinen Weg 
auf Pamplona zu nimmt. 
Der vor mir liegende Flecken hieß Urdax und zählte kaum fünfzig 
Häuser. Ein Kloster, welches stolz über diese Häuserchen hervorragt, schmück: 
die Landschaft und belebt die Gegend; nicht weit von der Kirche, ganz nahe 
an dem Gottesacker, auf welchem viele Heimgegangene Geschlechter beim 
sanften Gemurmel der Ugarana schlummern, unterhielt der Alkalde des 
Orts eine Herberge. An der Vorderseite derselben war ein in Stein ge¬ 
hauenes Wappenbild zu sehen, welches da seit undenklichen Zeiten hängen 
mochte, um durch den Prunk dieser steinernen Malerei den hohen Rang 
des Insassen dieser niedrigen Behausung an'zukündigen. An den Pfeiler 
eines einförmigen Wagenschuppens, der dem ärmlichen Hause ganz ange¬ 
messen die Stelle eines Säulenganges (Porticus) vertrat, stand ein junger, 
etwa fünfzehnjähriger Bauer gelehnt, der voll tiefen Ernstes dem Fluge 
der Stunden nachzusehen schien. Ich winkte ihm zu, mein Pferd zu halten, 
aber er rührte sich nicht von der Stelle, und ich hätte geglaubt, er habe 
mich nicht verstanden, wenn mir nicht der Ausdruck von Zorn und Ver¬ 
achtung in seinem Gesichte, das sich alsdann auch in den Mienen der vielen 
Kinder, deren Begleitung mein fremdartiges Aussehen mir zugezogen hatte, 
abspiegelte, ausgefallen wäre. Ich hielt es daher am gerathensten, selbst 
meinen Gaul an einem Pfosten der ländlichen Vorhalle anzubinden. Eine 
Treppe, die unter meinen Füßen in bedenkliche Schwingungen gerieth, 
führte mich in das Hauptzimmer, dessen Hauptmobiliar in einigen wurm¬ 
stichigen Tischen bestand. An einem derselben saß ein Mann mit einem 
großen Hut auf dem Kopfe, die Beine über einander geschlagen und behag¬ 
lich den Rauch einer Cigarre fortblasend. An seinem würdevollen Wesen 
erkannte ich ihn für den Herrn des Hauses und wandte mich mit der Frage 
an ihn, was ich wohl zu essen bekommen könnte. 
„Was Ihr milbringt!" erwiederte er kalt und fuhr fort, in aller Ge¬ 
messenheit lange Rauchwolken empor wirbeln zu lassen. 
Ich fragte ihn, ob er nicht tocitigfteng Wein und Brot zu Hause habe. 
„Allerdings, Brot vom reinsten Weizenkorn und rother Wein von 
Tudela sind bei mir im Ueberfluß zu haben." 
„Nun, so laßt mir davon zukommen, und fügt dieser bescheidenen 
Mahlzeit noch einige Eier hinzu, die ja auf dem Lande niemals fehlen!" 
„Fragt in der Gegend nach!" erwiederte Don Geronimo und versank 
wieder in sein beharrliches Stillschweigen. 
Der junge, so vornehm thuende Ravarrese war mir indessen gefolgt 
und an der Thür stehen geblieben. Obwohl er seine großen Augen auf 
mich geheftet hielt, wußte ich doch nicht recht, ob er träumte oder wachte. 
Ich wagte es noch einmal, ihn anzureden und seine Dienste in Anspruch 
zu nehmen. Aber nun kam eiligst eine Frau aus der Küche herbeigelaufen 
mit einem großen Kochlöffel in der Hand.
	        
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