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an einer Wand von schwarzen, schroff gehauenen Felsen angelehnt, von 
welchen die Sonnenstrahlen mit doppelter Macht zurückprallen. Diese ganze 
östliche Küste der Insel trägt den Charakter der Unfruchtbarkeit und ist fast 
von aller Vegetation entblößt. Darum ist auch der Anblick des Pik, wie 
er sich über St. Croix darstellt, weit weniger pittoresk, als auf der west¬ 
lichen Küste, von dem höher gelegenen Orotava aus; denn da contraftirt 
eine lachende und üppig angebaute Ebene mit dem wilden Anblick des Vul- 
cans, und von den Gruppen von Palmen und Bananen, welche die Küste 
begrenzen, bis in die Region der Arbutus*), der Lorbeeren und der Fichten 
ist der vulcanische Felsen mit einer kräftigen Vegetation bedeckt. Man be¬ 
greift, wie selbst Völker, die das schöne Klima Griechenlands und Italiens 
bewohnten, in dem westlichen Theile Teneriffa's eine der „Glücklichen 
Inseln" zu erkennen glaubten. 
Der Generalcapitän von Teneriffa ließ uns sogleich die Erlaubniß 
ausfertigen, die ganze Insel nach Belieben zu durchreisen, und so begaben 
wir uns am folgenden Tage, den 20. Juni, vor Aufgang der Sonne auf 
den Weg, um nach der Stadt Laguna zu steigen, welche 350 Toisen höher 
liegt, als der Hafen von St. Croix. Unser Weg schlängelt sich an einem 
schmalen Waldstrome aufwärts, der zur Regenzeit sehr hübsche Wasserfälle 
bilden soll. Rahe bei der Stadt begegneten wir weißen Kameelen, die 
man dazu verwendet, die Waaren von der Douane in die Magazine der 
Kaufleute zu schaffen. Man beladet sie gewöhnlich mit zwei Kisten Zucker 
von der Havanna, die zusammen 900 Pfund wiegen, aber man kann diese 
Last bis auf 13 Centner vermehren. Die Kameele sind auf Teneriffa nicht 
sehr gemein und pflanzen sich schwer fort, während sie sich zu Tausenden 
auf den beiden Inseln Lanzerote und Fortaventure vorfinden, welche Afrika 
näher liegen, und eine Vegetation wie ein Klima überhaupt haben, was 
diesem Continent sehr ähnlich ist.**) 
Der Hügel, auf welchem die Stadt St. Christoval de Laguna liegt, 
gehört zu dem System der Basaltgebirge, welche einen Breitengürtel um den 
Pik von Teneriffa bilden. Der Basalt, auf dem wir gingen, war schwärzlich 
braun, compact, halb verwittert und gab beim Anhauchen einen Thongeruch 
von sich. In dem Maße, als wir uns Laguna näherten, empfanden wir 
gradweise die Abnahme der Temperatur, welche Empfindung um so ange¬ 
nehmer war, als die Luft von St. Croix uns ganz erschlafft hatte. Diese 
immerwährende Kühle, die man zu Laguna empfindet, verursacht, daß die 
Canarier diese Stadt als einen sehr angenehmen Aufenthalt betrachten. Auf 
einer kleinen Ebene, umgeben von Gärten, und beherrscht von einem Hügel, 
welcher mit einem Wald von Lorbeeren, Myrthen und Meerkirschbäumen 
*) Der Bananen-Pisang mit palmartigem Stamm, 20—22 Fuß hoch, und einer 
Krone von hellgrünen, 12 Fuß langen und 2 Fuß breiten Blättern. Der Arbutus 
gehört zu den Haldekräutern (Ericeen). 
**) Die Kameele und die Pferde wurden im 15. Jahrhundert von den erobernden 
Normannern auf den Canarischen Inseln eingeführt.
	        
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