Zweiter Abschnitt.
1. Oldenburger Land und Leute. — 2. Die lüneburger Haide. — 3. Das Fehn.
4. Ein norddeutsches Erntefest. — 5. Westphälische und pommersche Bauernschaft.
6. Die Mark Brandenburg als Culturland. — 7. Das wachsende Berlin.
I. Oldenburger Land und Leute. *)
1. Geest, Marsch und Moor.
Wir haben es hier natürlich nur mit den Bewohnern des Herzogthums,
nicht des Großherzogthums zu thun, also mit dem von der Provinz
Hannover und der Nordsee eingeschlossenen Hauptlande, ohne die Fürsten-
thümer Eutin und Birkenfeld. Die Bevölkerung des Herzogthums ist
eine sehr dünne, denn es wohnen nur ca. 2550 Menschen aus der
Quadratmeile; dazu ist sie ungleich vertheilt, denn während man in der
besten Marschgegend (Kreis Ovelgönne im Butjadinger Lande) 3480
Köpfe auf der Quadratmeile zählt, rechnet man auf der oldenburgischen
Geest 2990 und auf der münsterschen Geest, wo noch ca. zwei Drittheile
mit Haide bedeckt sind, 1640.
Wir begegnen hier dem Gegensatze zwischen Geest und Marsch, der
für das ganze oldenburger Land charakteristisch und auch für unfern
Zweck von Wichtigkeit ist, indem die Art und Lebensweise der Bevölke-
rung wesentlich aus einander geht, je nachdem sie dem magern oder
setten Boden angehört, wie denn auch die Volksstämme verschieden sind;
denn während in der Marsch sich überall Friesen niedergelassen haben,
werden die Geestdistricte von dem alten Stamme der Sachsen bewohnt.
Berg und Ebene, Haide und Sumpfland bedingen nicht allein die
Natur der Pflanzen und Thiere, die ihnen entstammen, sondern auch der
Menschen. Der Tyroler und Schweizer ist das, was er ist, nicht allein
durch gewisse Abstammung und Racenkreuzung, sondern wesentlich auch
durch die Alpennatur, die sein Lebenselement ist. Will man ihn ver-
Üehen, so muß man die Landschaft verstehen, in die ihn der Künstler
„überm Sternenzelt" als Staffage gesetzt hat/ Eben so wird sich uns
*) Grenzboien II. S. 177 ff.