Die Entfaltung des Pflanzenlebens.
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Auf das Gedeihen des Pflanzenwuchses hat endlich die Gunst ^^wärne11
des Klimas einen sehr großen Einfluß.
Wärme bedürfen die Pflanzen, damit die Ausdunstung und
hierdurch auch wieder das erneute Aufsteigen des Wassers, welches
die aus dem Boden entnommenen Nährstoffe den Blättern zuführen
soll, gefördert wird; des Sonnenlichts bedürfen sie ferner, weil
ohne Licht keine Chlorophyll- und Stärkebildung in den Blättern
vor sich gehen kann.
Die große Wirkung der Sonnenwärme auf das Pflanzenleben wird uns
durch den Kreislauf eines jeden Jahres vor Augen geführt: ihre Abnahme be¬
wirkt den Winterschlaf, ihre Zunahme das Frühlingserwacten der Natur. Dieser
Wechsel macht auch den großen Unterschied erklärlich, der in der Gestaltung -
des Pflanzenlebens zwischen den südlich und den nördlich von uns gelegenen
Gebieten hervortritt, in dem Maße wie nach Süden die Wärme des Klimas
stetig (d. h. bis zum Äquator) zunimmt, wird auch der Pflanzenwuchs üppiger,
er bringt immer mannigfaltigere und großartigere Formen hervor und liefert
immer wertvollere Erzeugnisse; dagegen geht er nach Norden, weil die Erwärmung
der Erde duich die Sonnenstrahlen immer geringer wird, mehr und mehr zurück,
wird zwerghafter und krüppeliger, bis er endlich vollständig erstarrt und Schnec-
und Eisfelder an die Stelle grüner Flächen treten.
Wie vom Äquator nach den Erdpolen hin das Klima immer kälter wird,
so nimmt auch mit der Höhe der Gebirge die Wärme ständig ab, und die
räumliche Verschiedenheit des Pflanzenwuchses, wie sie durch die verschiedene
Lage zweier Länder auf der Erdoberfläche bedingt wird, besteht auch zwischen
Fuß und Gipfel der Gebirge, so daß hier auf kleinem Raume die verschieden¬
artigste Entfaltung des Pflanzenwuchses zusammengedrängt ist. Auf den höchsten
Gebirgen der heißen Zone folgen in schnellem Wechsel alle Floren der Erde
aufeinander: aus der Palmenwelt steigt man hinauf zur Gegend des ewigen Schnees.
Indem bald der eine, bald der andere der erwähnten Ein- Pflanzenzonen
flösse, von denen die Entwicklung des Pflanzenlebens abhängig ist, u' -Provinzen,
vorwiegt oder stärker wirkt als anderswo, muß sich überall auf
der Erdoberfläche ein eigenartiger Pflanzenwuchs entwickeln.
Scheidet ein Einfluß fast vollständig aus, so muß ein ganz anders
geartetes Vegetationsbild entstehen. So läßt sich die Erdoberfläche
in pflanzengeographischer Hinsicht einteilen in große Pflanzen¬
zonen und in kleinere Pflanzenprovinzen.
Bei der Einteilung der Erdoberfläche in große Pflanzen¬
zonen zeigt sich, daß das Klima am stärksten das Pflanzen¬
leben beeinflußt, und daß seine Eigentümlichkeiten, ob heiß oder
kalt, feucht oder trocken, am meisten die Eigenart sowohl des
ganzen Vegetationsbildes als auch der einzelnen Pflanzenformen
bestimmen.
Es können nach N und S etwa sieben Pflanzenzonen
unterschieden werden. In der Mitte, zu beiden Seiten des Äquators,
liegt die tropische Waldzone, die durch hohes Wärmemaß
und große Feuchtigkeitsmenge ausgezeichnet ist. Urwald und die
mehr oder weniger walddurchsetzte Savanne sind die beiden
vorherrschenden Vegetationsformen dieser Zone. Es schließt sich
nach N eine sehr ausgedehnte, besonders in Nordafrika und Mittel¬
asien verbreitete, nach S eine viel kleinere, aber doch in Südafrika
und Australien ausgebildete Steppen- und Wüstenzone an,