78 Die norddeutschen Staatenbildungen und ihre Bevölkerung.
Landesteile haben auch sehr viele Juden. Von der gesamten
preußischen Bevölkerung fallen auf je 100 Einwohner 64 Protestanten,
34 Katholiken. Der Rest ist größtenteils jüdisch. Diese Verhält-
nisse sind fast genau dieselben wie im ganzen Deutschen Reich
(63 Protestanten und 36 Katholiken auf je 100 Einwohner). In
allen deutschen Staaten mit Ausnahme von Bayern, Baden und
Elsaß-Lothringen überwiegen die Protestanten. (Atlas, Karte 10 a.)
2. Das östliche Tiefland. Über den baltischen Höhenrücken
breiten sich die preußischen Provinzen Ostpreußen (Regieruugs-
bezirk Königsberg und Gnmbinnen), Westpreußen (Regieruugs-
bezirk Dauzig und Marienwerder), Pommern (Regierungsbezirk
Köslin, Stettin, Stralsund) und die Mecklenburgischen
Großherzogtümer Strelitz und Schwerin aus. Wichtigere Städte
liegen fast ausschließlich an der Küste oder in deren Nähe, da bei
der spärlichen Ackerbaubevölkerung des Binnenlandes ihr Erwerbs-
leben sich auf Handel und Verkehr stützt. Die nördlichste deutsche
Stadt Memel hat nur wenig Wichtigkeit; die Straße von hier
nach Süden überschreitet den Memelslnß bei Tilsit* und erreicht
den Pregel bei Jnsterbnrg*. In dieser Gegend wird viel Pferde-
zncht betrieben, an der Küste findet sich Bernstein. Königsberg,
Universität und Festung, beherrscht den größten Teil des deutsch-
russischen Verkehrs, der uns Getreide und Holz, den Russen aber
deutsche Industriewaren bringt. Die Hauptstraße nach Südwesten
führt über Elbing* an der Nogat nach Marienburg, dem frühern
Hauptsitz der Ordensritter, welche diese Gebiete dem deutschen Volke
eroberten, und überschreitet die Weichsel bei Dirschau. Wenig
flußabwärts liegt Danziq, der Haupthafen für das deutsche und
russische Weichselgebiet. Die Stadt ist stark befestigt. Den Eintritt
der Weichsel nach Deutschland beschützt die Festung Thorn*.
Der größere Teil Pommerns im Osten der Oder, Hinter-
Pommern, ist spärlich besiedelt und hat nur einige kleinere Städte
an der Küste und in ihrer Nähe, wie Stolpe, Köslin, Kolberg.
Vorpommern, von der Oder nach Westen gelegen, ist den Industrie-
gebieten Mitteldeutschlands zugänglicher und hat in der Oder selbst
eine wichtige Verkehrsstraße. Daher ist Stettin der erste deutsche
Hafen der Ostsee geworden, neuerdings auch bedeutend durch große
Schiffswerften. An der von hier abzweigenden Südoststraße nach
Posen liegt Stargard*, wie das größere Görlitz in Schlesien auf
dem 15. Längenkreis ö. Gr. und fast gleichweit von der östlichen
(28°) und von der westlichen (6°) Reichsgrenze. Daher wird nach
dem Stargarder (Görlitzer) Meridian in Deutschland (und in
Skandinavien, Österreich-Ungarn, Serbien, in der Schweiz, in
Italien) die Uhrangabe der Mitteleuropäischen Zeit bestimmt.
Swinemünde ist der befestigte Vorhafen Stettins am Ausgang
des Haffes. Weiter westlich liegen die Hafenstädte Greifswald^
(Universität) und Stralsund* gegenüber der Insel Rügen.