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wie schon telegraphiert, und umarmte ihn angesichts Sr. Majestät vom Pferde
herunter, während er stramm im Gliede stand. Er ist sehr gesund und ver—
gnügt. Leb wohl, mein Herz. Grüße die Kinder.
Dein v. B.
5 Maria, Herbert und Bill, d. i. Wilhelm, sind Bismarcks Kinder. Karl ist sein Reitknecht.)
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271. O Straßburg.
Gollslied.)
O Straßburg, o Straßburg, du wunderschöne Stadt,
darinnen liegt begraben so mannicher Soldat.
So mancher und schöner, auch tapferer Soldat,
der Vater und lieb' Mutter böslich verlassen hat.
Verlassen, verlassen, es kann nicht anders sein!
Zu Straßburg, ja zu Straßburg Soldaten müssen sein.
Der Vater, die Mutter, die ging'n vors Hauptmanns Haus:
„Ach Hauptmann, lieber Herr Hauptmann, gebt mir mein' Sohn heraus.“
Euren Sohn kann ich nicht geben für noch so vieles Geld;
euer Sohn, und der muß sterben im weit und breiten Feld
Was lauft ihr, was rennt ihr nach fremdem Dienst und Land?
Es hat's euch niemand geheißen, dient ihr dem Vaterland!
272. Der Luftballon.
Mach Thomas.)
Auf hölzernen und eisernen Schiffen durchfurcht der Mensch das weite
Meer, mit den Flügeln des Dampfes rollt er auf Eisenbahnen windschnell
dahin, und selbst hoch über die Erde in die blauen Lüfte erhebt er sich,
getragen von einer gasgefüllten Kugel aus dünner Seide. Wer sich auf ein
Schiff oder einen Dampfwagen setzt, weiß, wohin er will, und erreicht auch
in den meisten Fällen sein Ziel. Nicht so der Luftschiffer. Er steigt auf,
das Gas hebt, die Windströmungen führen ihn, und er ist zufrieden, wenn
er wohlbehalten den festen Erdboden wieder betreten kann. Und so ist es,
nachdem die Erfindung nahe vor ihrem hundertsten Geburtstage steht, auch
heute noch. Die Luft ist frei, die Lust, sich nach Belieben darin fortzubewegen,
ist groß, aber es fehlt uns das lenkbare Fahrzeug, welches der Ballon nie⸗
mals werden kann.
Das Fliegen hat dem Menschen von jeher im Sinne gelegen. Bevor
35 man darauf kam, der leichten Luft etwas noch Leichteres entgegen zu setzen,
um in die Höhe zu kommen, war der nächstliegende Gedanke immer der, sich
ein paar tüchtige Flügel anzuschnallen und sich mit eigener Kraft in die Lüfte
zu erheben. Schon die altgriechische Fabellehre erzählt von Dädalos nebst
seinem Sohne Ikaros, die sich aus der Gefangenschaft zu Kreta durch künst—
liche Flügel befreiten, welche sie mit Wachs zusammengeklebt hatten. Ikaros
flog so nahe an die Sonne, daß das Wachs schmolz und er hinabstürzend
im Meere ertrank. Diese Geschichte hätte Münchhausen auch erfinden können.
Heute wissen wenigstens alle besser unterrichteten Leute, daß der Mensch mit
seiner eigenen Kraft nicht von der Erde abkommen kann, möge er sich Maschinen
45 ersinnen. wie er immer wolle. Was fliegen soll, hat Gott der Herr dem