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sei. Auch bestätigten mehrere zur Unterwerfung gezwungene Chouans- 
Häuptlinge diese Meinung. Jndeß wies sich bald aus, daß 
solches nur geschah, der Herzogin Flucht aus dem Lande zu erleich- 
tern. Sie selbst irrte in mannigfacher Verkleidung umher., Oft- 
mals ward sie erkannt; immer rettete sie ihr Muth und die Treue 
ihrer Anhänger, vornehmlich auch wohl das nationale Ehrgefühl 
ihrer Gegner, welches die Schmach des Angebens scheute. 
Die Carlisten gaben jedoch die auf diese unternehmende Frau 
gebauten Hoffnungen noch nicht auf, sondern liehen sogar ihre Hülfs- 
mittel den Republikanern zu ihren Planen, in der Meinung, daß 
Heinrich V. leichten Eingang finden werde, wenn nur erst Lud- 
wig Philipp aus dem Wege geschafft sei. In Paris, wie in 
allen großen Städten des Reiches, hatten die Legitimisten noch 
immer zahlreiche Anhänger, und mit ungeheurem Hasse ward Lud- 
wig Philipp von ihnen verfolgt. Ihre Mordplane drangen sogar 
mit den Schlüsseln des Louvre bis in die Tuilerien, ja, selbst 
bis an des Königs Schlafzimmer, bevor sie entdeckt wurden. 
Nicht minder waren die Republikaner von Haß gegen den Bür- 
gerkönig entflammt. Den Letzteren bot der Tod des General La- 
marque, eines als großer Patriot und Volksredner gepriesenen 
Mannes, die erwünschte Gelegenheit zu einem Sturme auf den 
Thron ihres Feindes. Lamarque war in der Nacht vom 1. auf 
den 2. Juni verschieden, und zu seinem Begräbnisse wurden außer- 
ordentliche Vorkehrungen getroffen. Manner von hochberühmtem 
Namen, unter ihnen Lafayette, hatten sich erboten, das Bahrtuch 
zu tragen; durch große Deputationen wollten die Flüchtlinge aller 
in Paris anwesenden Nationen — Spanier, Italiener, Polen, 
Deutsche — sich dem Trauerzuge anschließen, und im Namen 
einer jeden sollte eine Rede am Grabe des Entschlafenen gehalten 
werden ?c. In den Zusammenkünften der Republikaner ward be- 
schlössen, die Leiche mit Gewalt in das Pantheon zu führen, und 
zu diesem Zwecke dringende Einladungen an die Schulen, die 
Comptoirs und die Werkstätten der Arbeiter erlassen, sich zahlreich 
bei dem Leichenzuge einzufinden. Die Carlisten ihrerseits beor- 
derten ihre Söldlinge, den Bewegungen der Republikaner zu fol« 
gen und sie zu unterstützen. Die besorgte Regierung traf nun 
ebenfalls Vorkehrung, den Ausbruch eines Volkstumultes zu ver- 
hindern. Am Begrabnißtage (5. Juni) versammelten sich in der 
Frühe die verschiedenen Parteien auf den öffentlichen Platzen, und
	        
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