Full text: Leitfaden zur Geschichte des deutschen Volkes

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Deutschen. An Marbod ward, als Zeichen des erfochtenen Sieges, 
das Haupt des Varus übersandt. »Varus, Varus, gieb mir meine 
Legionen wieder!« rief der greise Angustns bei der Kunde von der 
Niederlage und zerraufte sich im Schmerze das Haar. Rom zitterte 
vor einem möglichen Angriff der Germanen; doch begnügten sich diese 
frei zu sein. 
Leider verdarb bald die Zwietracht der Deutschen die Früchte 
des Sieges, und Germanicus, des Drusus Sohn, welchen sein 
Oheim, der nach Augustus Tode zum Kaiser erhobene Tiberins, 
nach Deutschland schickte, konnte es unternehmen, auf demselben 
Wege wie sein Vater wieder in das Innere Deutschlands vor- 14—16 
zudringen, Ja, es ward ihm Armins Gemahlin, Thusnelda, von 
ihrem eigenen Vater Se gest es als Gefangene ausgeliefert, aus 
Rache dafür, daß sie dem Befreier des Vaterlandes als Gattin ge¬ 
folgt war, der sie aus dem Hause ihres volksverrätherischeu Vaters 
entführt hatte. Umsonst flog Armin von Stamm zu Stamm, von 
Gau zu Gau und mahnte' die Deutschen zur Rache. Die Kampf¬ 
lust war minder lebhaft, und zweimal wurde Armin in der Nähe 
der Weser von Germanicus geschlagen und entging, verwundet, 
kaum selbst der Gefangenschaft. Aber Tiberins rief den Ger¬ 
manicus, dessen Ruhm er fürchtete und beneidete, aus Deutschland 
zurück. Im fernen Asien starb dieser, wie man meinte, an Gift, 
während sein GegnerinDentschland, Arminins, meuchelmörderisch 
durch die Hand seiner eigenen Verwandten fiel. Auch Marbod 
war bereits durch eine Empörung seines Reiches beraubt (das bald 
darauf zerfiel) und hatte bei den Römern Zuflucht und Gnadenbrot 
gesucht. Unter den deutschen Stämmen aber blieb Uneinigkeit, wie 
z. B. zwischen Cheruskern und Chatten, so daß die ersteren 
ihre mächtige Stellung bald ganz einbüßten und schon hundert Jahre 
nach der Schlacht im Teutoburger Walde kaum noch genannt 
wurden. 
§5. ZweiJahrhundertefriedlicherEntwickelung. So lebten 
nun die Deutschen frei innerhalb ihrer alten Grenzen, dem Rhein 
im Westen, der Donau im Süden, dem Meer im Norden. Nur im 
Südwesten ihres Gebietes, wo imWinkel zwischen Rhein und Donau 
der Schwarzwald und die rauhe Alb ziehen, im Osten bis zum deut¬ 
schen Jura und im Norden bis zum Niederwald und der Lahn hin, 
hatten die Römer ein von ihnen allmählig colonisirtes und mit Wall 
und Graben geschütztes Gebiet, das sog. Zehntland, vorgeschoben, 
und es mit angesiedelten alten Kriegern und zinszahlenden Kelten
	        
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