32 I. Teil. Zweiter Abschnitt.
Bewohner seine Ansammlung und schützen den so gewonnenen Boden durch neue
(Außen-)Deiche vor Überschwemmungen. Auf diesem Marschboden wird Getreide
und Raps gebaut, am besten eignet er sich jedoch zu Wiesen. Rinderzucht
ist deshalb die Hauptbeschäftigung der Marschbauern; das Städtchen Husum
an der Westküste Schleswigs hat den größten Rindermarkt Deutschlands. Eins
der fruchtbarsten Gebiete unseres Vaterlandes mit blühendem Obst- und
Gemüsebau sind die Vierlande südlich von Hamburg.
Industrie. Ein wichtiger Erwerbszweig der Küstenbewohner ist die Fischerei,
die Heringe, Schellfische, Kabliau, Schollen, sowie Austern liefert. Sie hat in
Geestemünde große Zubereitungsanstalten (Räuchern, Salzen usw.) hervorgerufen.
Auf der Schafzucht der Seenplatte beruht die Tuchindustrie in Neumünster.
Bedeutende Großindustrie findet sich nur in den Hafenstädten Bremen,
Hamburg-Altona und in Harburg. Sie schließt sich an die Haupttätigkeit dieser
Orte, den Überseehandel und die Seeschiffahrt an. Ihre wichtigsten Zweige
sind der Schiffsbau und die mit ihm verbundene Maschinenindustrie, Reis-
fchälmühlen, Tabakindustrie, Margarinebereitung und Herstellung von Gummi-
waren (Harburg).
Die Nordseehäfen. Das flache Wattenmeer zwischen der Küste und den
Inseln verbietet größeren Seeschiffen, sich dem Lande zu nähern. Deswegen
muß sich der lebhafte Verkehr zwischen dem industriereichen Westdeutschland und
den überseeischen Ländern auf die Flußmündungen beschränken, deren tiefe
Fahrrinne in der Elbe und Weser zur Anlage unserer wichtigsten Häfen
geführt hat.
Hamburg ist einer der ersten Welthäfen und der größte Hafen Deutschlands.
Die Elbe ermöglicht von hier aus einen Wasserverkehr bis nach Österreich hinein
(Moldau). Berlin hat durch Havel und Spree, sowie durch die märkischen
Kanäle Anschluß an das Elbgebiet erlangt. Da Hamburg außerdem über
100 km vom Meeresstrande entfernt liegt, werden für diese Strecke die teuren
Eisenbahnfrachten erspart. Die Vertiefung der Elbe auf 10 m bis Hamburg
und der Umstand, daß die Flut bis Hamburg vordringt, ermöglichen selbst
den größten Seedampfern, bis in die Stadt zu gelangen. Der Vorhafen
Kuxhaven hat daher nur geringen Schiffsverkehr.
In dem 550 da großen Hafen Hamburgs verkehrten 1913 etwa 34000 Schiffe
mit einem Laderaum von fast 30 Millionen Reg.-Tonnen (1 Register-Tonne
= 2,8 cbm), die aus allen Ländern der Welt Kaffee, Getreide, Erdöl, Tabak usw.
herbeischaffen und dafür unsere Jndustrie-Erzeugnisse, wie Zucker, Maschinen,
Textilwaren aller Art u. dgl. in die fremden Gebiete befördern. Deutschlands
größte Schiffahrts-Linie, die Hamburg-Amerikanische-Paketsahrt-Akt.-Ges., die
allein über mehr als 200 Schiffe verfügt, hat hier ihren Sitz.
Bremen ist der zweite Hasen Deutschlands. Es ist zwar nur 70 km von der
Küste entfernt; da aber die Weser nur 5 m mittlere Tiefe besitzt, müssen die großen
Seeschiffe bereits in Bremerhaven ankern. Der Seeverkehr in Bremen und Bremer-
Häven beträgt mit 11000 Schiffen und 9 Mill. Reg.-Tonnen nur etwa Ys desjenigen
Hamburgs. Die geringere Bedeutung der Weser und ihres Hinterlandes, sowie
die weniger günstige Verkehrslage Bremens erklären außer dem obengenannten