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16. Unterwerfung der Stadt Vraunschweig (1671). Drei Jahrhunderte
lang hatte die stolze freie Stadt Braunschweig ihre Selbständigkeit gewahrt. Durch
den 30jährigen Krieg war sie nun aber verarmt und seufzte unter einer großen
Schuldenlast; die Hansa war aufgelöst; sehr unzufrieden war die Bürgerschaft
mit der Verwaltung. Da schlugen die verbündeten welfischen Truppen, 20 000
Mann stark, gegen die von nur 220 Söldnern verteidigte Stadt ihr Hauptquartier
in Riddagshausen auf; zwischen St. Leonhard und dem Wendentor waren 100
große Geschütze aufgestellt. Schon nach kurzem Widerstand wurde die Stadt
genötigt, sich zu unterwerfen, und kam nun in den alleinigen Besitz der Herzöge
Rudolf August und Anton Ulrich. Jetzt wurden die bislang getrennt verwalteten
fünf Weichbilder vereinigt; statt 14 Bürgermeistern genügten nun 4, statt 31
Ratsherren 8. Nicht ohne eigene Schuld — der alte Gemeinsinn der Bürgerschaft
war erloschen — sank Braunschweig nun aus fast völlig freier Stellung zu einer
armen Landstadt herab.
17. Erwerbung Thedinghausens. Braunschweiger Truppen fochten unter
der Regierung des Großen Kurfürsten tapfer gegen die Schweden. Im Frieden
von Celle traten die Schweden Bremen und Verden an die Welfen ab; das Amt
Thedinghausen fiel an Braunschweig (1679).
18. Kar! I. (1735—80). Mit Karls I. Vater war die bevernsche Linie
zur Regierung gekommen, deren letzter Sproß Herzog Wilhelm gewesen ist.
Vielfache Verwandtschaft verband Karl I. mit der preußischen Königsfamilie.
Seine Schwester Elisabeth Christine vermählte sich (in Salzdahlum) mit Friedrich
dem Großen, eine andere, Luise Amalie, mit dessen Bruder August Wilhelm;
sie ist die Stammmutter des jetzt regierenden preußischen Königshauses geworden.
Karl hatte Friedrichs des Großen Schwester zur Gemahlin. Eine Tochter ver-
mählte sich mit dem nachmaligen König Friedrich Wilhelm II.
Karls I. Freigebigkeit, die Aufwendungen für wohltätige Einrichtungen, für
Schulen und für Kunst, seine Prachtliebe und der Siebenjährige Krieg stürzten das
Land in fast unerträgliche Schuldenlast. In Delligsen schuf er die „Karlshütte",
in Fürstenberg die berühmte Porzellanfabrik, in Braunschweig das Kollegium
Karolinum, die jetzige Technische Hochschule, und das Herzogliche Museum. Das
Volksschulwesen förderte er durch eine „Schulordnung", die den Schulzwang
schärfer durchführte, und durch die Errichtung der Lehrerseminare in Wolfenbüttel
und Braunschweig. Reformierten Pfälzern gewährte Herzog Karl einen Zufluchts-
ort in Veltenhof. Nach Wolfenbüttel berief er (1770) zum Bibliothekar den
Dichter Lessing. 1753 verlegte er seine Residenz nach Braunschweig. Sein jüngster
Sohn Leopold fand bei einem Versuche, Mitmenschen aus den Fluten der Oder
bei Frankfurt zu retten, den Tod. (Denkmal, Leopold-Stiftung.)
Karls Tochter Anna Amalie vermählte sich mit dem Herzog von Sachsen-
Weimar. Sie war die Freundin Herders und Goethes, ihr Sohn Karl August
der Freund Goethes.
19. Herzog Ferdinand. Von Herzog Karls fünf Brüdern kämpften drei
in preußischen Heeren. Zwei starben den Heldentod, ein dritter, Ferdinand, war
einer der ersten Feldherren seiner Zeit und wurde im Siebenjährigen Kriege zum
„Schützer des deutschen Westens", denn die Franzosen besiegte er glänzend bei
Krefeld und bei Minden.