Full text: Bilder-Atlas zur Geographie von Europa

(8 II- Das nördliche Alpenvorland und feine Umwallung. 
Verkehrsgebiete darstellen, wie Zürich, Genf, Luzern; endlich auch an hervorragend schön 
gelegenen Punkten, wie Interlaken (S.6^) und pontresina, der freundlichen Sommerfrischorte 
an den bayerischen und österreichischen Seen nicht zu vergessen. Die glänzendste aller Alpen- 
städte aber ist Wien. <£s liegt an dem Punkte, wo die (Eisenbahnlinien des ostwestlichen Ver- 
kehrs, die aus der Schweiz, Frankreich und den Niederlanden durch Süddeutschland nach Oster- 
reich führen, mit der wichtigsten Südnordstraße Österreichs, die von Trieft nach den Sndeten- 
und Karpathenländern sowie zur Gder und Weichsel nach Norddeutschland und Nußland geht, 
zusammentreffen. Seit Jahrhunderten die Hauptstadt des Gesamtstaates, ist Wien seit 1(867 
nur noch die Hauptstadt der österreichischen Reichshälste. Als Sitz des Looses und der Negie- 
rung, als Stätte der Wissenschaft und Kunst, aber auch als erste Fabrikstadt und als Mittel- 
punkt eines großartigen Waren- und Geldverkehrs, der weit in den Orient wirksam ist, hat 
Wien von jeher die Stellung und Bedeutung der ersten Stadt der Monarchie gehabt und läßt 
auch heute noch alle anderen Städte derselben weit hinter sich. Neuerdings ist es aus den 
Fesseln der alten Umwallung hinausgewachsen, die Vororte wurden mit dem Kern zu einem 
Gemeinwesen verbunden; der Ring aber, das heißt die Stelle der einstigen Festungswerke, ist 
zu einer der herrlichsten Straßen der Erde umgewandelt worden, an der sich Prachtbau neben 
Prachtbau (S. 8\ u. 82) erhebt, Wien neben seinem alten Ruhm als fröhlichste deutsche Stadt 
den neuen verleihend, architektonisch vielleicht die schönste Stadt der Welt zu sein. Viel trägt 
zur Annehmlichkeit des Aufenthaltes die landschaftlich überaus reizvolle alpine Umgebung bei. 
Wien zählt J(,500,000 Einwohner, wurde also von dem jüngeren und minder schönen Berlin 
stark überholt, eine Folge der politischen Verhältnisse und der thatkräftigen, aufblühenden 
deutschen Industrie. 
Welchen Einfluß die alpine Natur auf die Beschäftigung der Bewohner, die Einfachheit 
ihrer Lebensweise, ihre körperliche Tüchtigkeit, die reiche Entfaltung ihres Innenlebens in 
Religion, Kunst und Poesie, endlich auf ihre rührende Heimatsliebe ausübt, das ist oft geschil- 
dert worden. Auch die Behausung des Älplers, seine eigenartige Holzarchitektur, die Galerien 
und kleinen Fenster, das flache Dach mit den Steinbelegen (S. 92), dies alles zeigt die sorg- 
same Anpassung des Menschen an die umgebende Natur. Nicht unerwähnt wollen wir endlich 
lassen, wie anregend das Studium der Alpenwelt auf Kunst und Wissenschaft, namentlich auf 
Geologie und Geographie, gewirkt hat, und nicht vergessen sei der Fülle wunderbaren Segens, 
der alljährlich auf Tausend und Tausende niederströmt, die, erschöpft von dem gasten des 
Großstadtlebens, Erquickung an Körper, Geist und Herz in unseren Alpen suchen und finden. 
II. DaK nördliche Alpenvorland und seine Umwallung. 
Nut dem Verlassen der bayerischen Alpen betreten wir ein flachwelliges Wald- und Wiesen- 
land, in dessen Einsenkungen die Spiegel zahlreicher Seen erglänzen. Der lockergefügte Boden 
enthält Rollkiesel aus den Zentralalpen, gekritztes Kalkgeschiebe, große eckige Blöcke, unver- 
kennbare Beweise dafür, daß dieses Schottermaterial auf dem Rücken und am Grunde der 
eiszeitlichen Gletscher in das Vorland herabbefördert worden ist. Wir sind in der Seen- oder 
Moränenzone Südbayerns. (Vergleiche die Moränenbilder der norddeutschen Tiefebene 
S. \\2.) Nordwärts davon breiten sich die großen, sast vollkommen ebenen Schotterslächen 
an: Lech, an der Isar und an: Inn aus, die die Schmelzwässer der alten Gletscher aufgeschüttet 
haben. Unabsehbare Wälder nehmen ihre südliche, weite Moore um Dachau und Erding ihre 
nördliche Hälfte ein. Die im Süden in den Boden eindringenden atmosphärischen Gewässer 
strömen nämlich aus dessen undurchlässiger Unterlage als ein ungeheurer Grundwasserstrom 
nach Norden, wo sie in den tiefer gelegenen Teilen wieder ans Tageslicht treten und zur Bil- 
dung großer Wiesenmoore (S. 83) Veranlassung geben. Den nördlichsten Teil der Hochebene 
endlich erfüllt ein sandiges, vielfach von ergiebigem Löß überdecktes Hügelland, das Acker- 
bau gebiet Südbayerns.
	        
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