Object: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

152 Kap. 22. § 113. Kaiser Lothar II, der Sachse. D. Stauf, u. Heinr. d. Stolze. 
Reichserzkanzlers, welcher dem salisch-fränkischen absolutistischen und kirchen¬ 
feindlichen Streben ein Ziel setzen wollte, in einer großen Wahlver¬ 
sammlung der deutschen Stämme zu Mainz Lothar der Zweite 
oder der Zachse i. I. 1115 zum Kaiser gewählt. 
Bei der Wahlhandlung wurden aus jedem der vier Stämme (der Franken, 
Sachsen, Schwaben und Baiern) 10, zusammen also 40 fürstliche Wähler bestimmt, 
welche den würdigsten erküren sollten. Die Vorwahl schwankte zwischen Friedrich 
von Schwaben, Lothar von Sachsen und Leopold von Oesterreich. Als 
sich die beiden letztern die ihnen zugedachte Ehre verbaten, fragte der Erzbischof, ob sich 
jeder von den dreien demjenigen, welchen die Wahl treffen werde, unterwerfen wolle? 
Lothar und Leopold erklärten sogleich ihre Bereitwilligkeit. Friedrich, der hierin 
eine List sah, wollte sich darüber erst mit seinen Freunden beraten und entfernte sich 
zu diesem Zweck. Dieses Benehmen erklärten seine Gegner für Anmaßung und taten 
alles, seine Wahl zu hintertreiben. Unter wildem Geschrei drängte sich ein Haufe 
Menschen in den Saal und hob Lothar auf die Schultern, der dann mitten in diesem 
Tumult zum König gewählt wurde. 
Lothar war ein Sohn des sächsischen Grafen von Supplingenburg (im heuti¬ 
gen Braunschweigischen), und Heinrich V hatte ihm nach dem Tode des Herzogs Mag¬ 
nus, des letzten aus dem Geschlechte der Billunger (1107), das Herzogtum Sachsen 
zu Lehen gegeben. Seine Streitigkeiten mit jenem Kaiser sind § 112 erwähnt. Da¬ 
durch, daß Lothar den Bischöfen den Lehenseid erließ, opferte er den Grundsatz, 
auf welchem seit Karl dem Großen die Kaisermacht beruhte. Auch ver¬ 
zichtete er auf das aus dem Wormser Concordat erworbene Recht, die Bischofswahlen 
in des Kaisers oder seines Bevollmächtigten Gegenwart und die Investitur unmittel¬ 
bar nach der Wahl des geistlichen Würdenträgers vornehmen zu lassen, und ver¬ 
pflichtete sich, sie erst nach der Weihe desselben zu vollziehen, ja sich anstatt des 
Lehnseides der Bischöfe oder Aebte blos mit einem Treugelübde derselben be¬ 
gnügen zu wollen. Dadurch entließ er die Geistlichkeit gewissermaßen aus dem Reichs¬ 
verband und entzog der Krongewalt die Güter, über die sie vorher frei 
verfügt hatte. Auch ließ er durch eine Gesandtschaft den Papst um Bestätigung 
seiner Wahl angehen. 
Um die Staufen zu demütigen, gab Lothar ein Gesetz mit rückwirkender 
Kraft, durch das er die Herausgabe der von den salischen Kaisern einge¬ 
zogenen Reichsgüter verlangte, obgleich die von den sächsischen Kaisern ein¬ 
gezogenen Reichsgüter nach dem Erlöschen ihres Stammes nicht zurückge¬ 
fordert worden waren und sie sich größtenteils aus ihrer langjährigen 
Vermischung mit den Familiengütern nicht mehr aussondern ließen. Als 
sich nun Friedrich dessen weigerte, sprach Lothar die Acht über ihn 
aus, und schuf sich, um sich gegen den mächtigen Staufen zu halten, an 
dem Herzog Heinrich dem Stolzen von Baiern eine Stütze, indem 
er ihm seine einzige Tochter und Erbin Gertrud zur Gemahlin 
gab und Aussicht auf sein eigenes Herzogtum Sachsen machte. 
Durch diese Begünstigung des bairisch-welsischen Hauses veranlaßte er jene 
Feindschaft zwischen den Welfen und Staufen, welche für die Zukunft 
des Reiches von verderblichen Folgen war und schon jetzt zu einem Krieg 
zwischen beiden führte, der neun Jahre lang besonders das südwestliche 
Deutschland verheerte. 
Schon hatte sich der staufische Konrad, Friedrich's Bruder, nach seiner 
Rückkehr von einem Zug in's heilige Land in Italien die lombardische 
Krone 1128 aufgesetzt und wollte sein Kriegsglück mit Hilfe der italienischen 
Städte weiter verfolgen, als Papst Honorius II auf Lothar's Seite 
trat und die beiden Staufen mit dem Banne belegte, so daß 
Konrad nach Deutschland zurückkehrte und dort in Verbindung mit seinem
	        
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