Kap. 2. § 4 u. 5. Die Kainiten und Sethiten (Urerfindungen). 7
Zugleich erwachte im ersten Menschen das Verlangen nach einer Verbindung mit seines
Gleichen, und diesem Bedürfnis entsprechend, „baute" Gott aus der Seite des Mannes das
Weib. Die Beiden gestellte Lebensaufgabe bestand in der gegenseitigen Unterstützung
bei der Ordnung und Regierung des Hauses und bei der Erziehung der Ihrigen für
Gott und sein Reich, — eine Bestimmung, welche in vollkommener Weise nur in dem
von Gott selbst geheiligten Ehestände erfüllt werden kann, in welchem Familie,
Staat und Kirche wurzeln.
(3.) Der mit göttlicher Ebenbildlichkeit begabte und zur freien Entwick¬
lung seiner hohen Kräfte bestimmte und befähigte Mensch fiel aber durch
die Verführung der „Schlange" in die Sünde.
Ms unmittelbare Folge des Sündenfalls stellte sich nun auch so¬
gleich „der Sünde Sold" ein: denn herausgetreten aus der Einheit des
Willens mit dem Willen Gottes trat an die Stelle der heiligsten Liebe zu
Gott die Furcht des bösen Gewissens vor ihm und seiner Strafe. Die
Strafe selbst bestand in dem Verlust des Paradieses und der darin
in beständiger unmittelbarer Gemeinschaft mit Gott genossenen Seligkeit.
Die Erde, und was an und auf ihr vorher so gut und vollkommen war,
geriet unter den „Fluch", und der ehemalige Herr der Erde wurde ab¬
hängig von ihr; mühevolle Arbeit, Elend, Krankheit und Tod wurden von
nun an seines Leibes Los.
Zum Trost aber für den gefallenen Menschen verhieß ihm Gott gleich
bei der Verkündigung der Strafe den künftigen Erlöser. Dieser sollte von
dem Weibe kommen und „der Schlange den Kopf zertreten", d^j.
dem Urheber des Bösen die Macht über die an den Erlöser Glaubenden
nehmen, während sie dagegen ihn nur „in die Ferse stechen", d.i. nur
denjenigen Teil seines menschlichen Wesens sollte verletzen können, welcher
zunächst die Erde berührt, nämlich den irdischen Teil (durch seine Sterb¬
lichkeit).
Damit aber der Mensch seinen Glaubens- und Hoffnungsblick nur
vorwärts auf den Erlöser und auf das durch denselben in erhöhter Weise
wieder zu gewinnende Paradies richten möchte, so verschloß ihm die
Gnadenvorsorge Gottes den Rückweg in das durch seine Schuld verlorne
Paradies und nötigte ihn so, sich der Wohltat der göttlichen Züch¬
tigung zu überlassen, durch welche seinem Glaubensgehorsam der Fluch
der Arbeit zum Segen, und seines Leibes Tod zum Leben seiner
Seele werden sollte.
Kap. 2. Die Kainiten und Sethiten.
(4.) Uach der Anordnung Gottes, „daß (Apg. 17, 26) von Einem Blute
aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden" herkommen sollten,
„zeugete Adam einen Sohn", der jedoch, wie jedes seiner folgenden Kin¬
der, nun „seinem (des gefallenen Adam) Bilde ähnlich war".
Schon in dem Erstgebornen Eva's entwickelte sich der fortwuchernde böse
Keim der Ursünde zu solcher Stärke, daß Kain aus Neid über das Gott
angenehmere Opfer des frommen Abel der Mörder dieses seines Bru¬
ders wurde.
(5.) Weil aber Kain ungeachtet der Erkenntnis seiner Sünde, anstatt
Vergebung zu suchen, an Gottes Barmherzigkeit verzweifelte, ward er un-
stät und flüchtig, und weiter gegen Morgen ziehend, baute er eine Stadt
und wurde der Stammvater einer Nachkommenschaft, die zwar nützliche