Full text: Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte

Diktatoren. Volkstribunen. 59 
König hielt. Um seine Verachtung aller Drohungen und Folter zu zeigen, 
verbrannte er seine rechte Hand in dem Feuer eines Opferbeckens, daher er 
von nun an Scaevola (Linkhand) genannt wurde. Als ihm Porsena das 
Leben und die Freiheit schenkte, so sagte er ihm wie zum Danke, daß noch 
300 junge Patricier zu seiner Ermordung sich verschworen Hütten. Nun schloß 
Porsena Frieden mit den Römern, welche die etruskische Oberherrschaft aner¬ 
kennen , ihm alles Gebiet auf dem rechten Tiberufer abtreten und 20 Geisel 
stellen mußten. Unter diesen befand sich auch die Jungfrau Clölia. Diese 
schwamm aus dem etruskischen Lager mit den andern Mädchen nach Rom, 
wurde wieder zurückgeschickt, aber von Porssna entlassen und durfte die min¬ 
derjährigen Mädchen mit sich nehmen. 
Doch scheint sich Rom von diesem etruskischen Joche bald wieder frei 
gemacht zu haben, und wir sehen es 496 in einem neuen Kriege. Tarqui- 
nius rief, wie die Sage berichtet, den von ihm gestifteten latinifchen Bund 
zu seiner Vertheidigung auf. Sein Schwiegersohn, Mamilius Oktavius 
aus Tuskulum, führte das latinifche Heer an und stieß am See Regillus 
auf die Römer unter ihrem Diktator Aulus Postumius. Die Latiner 
wurden geschlagen; Tarquinius gab nun alle Hoffnung auf, begab sich nach 
Kumä und starb daselbst im folgenden Jahre. 
Schon im Jahre 498 wurde für außerordentliche Fälle die Diktatur 
gegründet, welches Amt bei den Latinern schon längst heimisch war. Der 
Diktator, vom Senat auf höchstens 6 Monate ernannt, von 24 Liktoren mit 
Ruthenbündeln und Beilen begleitet, übte unumschränkte Gewalt und wählte 
selbst wieder für sich einen Magister equitum, Befehlshaber der Reiterei, als 
seine Unterbehörde. Während seiner Amtsführung hörten alle anderen obrig¬ 
keitlichen Ämter auf, und die Berufung auf die Volksversammlung war nicht 
gestattet. Aber auch er war nach Niederlegung seines Amtes dem Volke ver¬ 
antwortlich. In Zeiten der Gefahr, namentlich bei harten Kämpfen mit den 
Plebejern, war die Erwählung eines Diktators ein bei den Patriciern sehr 
beliebtes Mittel. Der erste Diktator hieß Titus Lartius. 
§. 44. 
Volkstribunen. 494 
Die Plebejer konnten wegen des fortwährenden Kriegsdienstes, für welchen 
sie keinen Sold erhielten, ihre Felder nicht gehörig bebauen, hatten aber den¬ 
noch von ihrem Grundbesitz den Tribut zu entrichten. So verarmten sie, 
mußten bei den reichen Patriciern Geld aufnehmen und sich von diesen, nach 
der Strenge des damaligen Schuldrechtes, die härteste Behandlung gefallen 
lassen. Denn wer nicht bezahlen konnte, wurde seinem Gläubiger als Schuld¬ 
knecht zugesprochen und mußte wie ein Sklave für ihn arbeiten, während seine 
Familie, ihres Ernährers beraubt, hungerte. Dieses unnatürliche Verhältniß, 
von den Patriciern durch zu hohe Zinsen noch gesteigert, erzeugte eine solche Er¬ 
bitterung, daß die zu einem Kriege aufgebotenen Plebejer, 18,000 Bewaffnete, 
aus Rom zogen und den h'eiligen Berg besetzten, entschlossen, nicht mehr nach 494. 
Rom zurückzukehren, wenn nicht die Bedrückung aufhöre. Die bestürzten Pa¬ 
tricier schickten den Menenius Agrippa, einen Senator von plebejischer 
Abkunft, zu ihnen ins Lager. Dieser schilderte ihnen durch die Erzählung 
von der Empörung der Glieder gegen den Magen die Nachtheile einer solchen 
Trennung und versprach Abhilfe ihrer Beschwerden. Die Patricier mußten
	        
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