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III. Länder- und Völkerkunde. A. Europa. 
thätigkeit, das sind Eigenschaften, welche man vorzugsweise dem Norden im 
Gegensatz zum Süden vindicirt; diesem schreibt man dagegen ein sanguinische¬ 
res Temperament, eine regere Phantasie, größere Fröhlichkeit, eine poetischere 
Natur zu. 
Der Nordländer überhaupt, und so im gewissen Grade auch der Nord- 
deutsche, hat das ganze Jahr hindurch mit den rauhen Einflüssen der Natur 
zu kämpfen. Er lebt mit ihr fast in einem feindlichen Verhältnisse. Seine 
ganze Existenz ist eine viel künstlichere und berechnete. Der Südländer 
überhaupt, und so mehr oder weniger auch der Süddeutsche, lebt in und 
mit der Natur als ihr Freund. Er wird gleichsam ein Naturkind und nimmt 
den leichteren und unbefangeneren Sinn eines solchen an. Dazu kommt nun 
noch die Einförmigkeit des flachen, sandigen, sumpfigen, nebligen Bodens 
von Norddeutschland und der damit scharf contrastirende mannichsaltige 
Schmuck der süddeutschen Landesnatur. In den Bergen und Thälern von 
Süddeutschland, welche die Phantasie so mannichfaltig anregen, sind die 
meisten der schönen deutschen Volkssagen entstanden. Dort sind die Haupt- 
sitze und Quellen der deutschen Volkspoesie. Das Nibelungenlied und 
überhaupt alle unsere ältesten nationalen Dichtungen haben sowohl ihren 
Hauptschauplatz als auch ihre Geburtsstätte in Süddeutschland. So lange 
die deutsche Poesie noch wahre Volkspoesie, ein Gemeingut Vieler war, blühte 
sie (der Minnegesang, die Meistersänger) vorzugsweise in Süddeutschland. Erst 
als nach Erfindung der Buchdruckerkunst, mit der Ausbildung unserer ver- 
seinerten Schrift- und Literatursprache, Apollo vorzugsweise unter den Gebil- 
deten und Gelehrten sich seine Jünger erwählte, gingen aus Norddeutschland 
große Dichter hervor. 
Der Witz des Norddeutschen ist mehr kritischer, beißender Natur, der des 
aufgeweckten und drolligen Schwaben ist gemüthlicher, mehr poetischer Natur. 
Die Producte des Berliner Witzes und die des Münchener Volkswitzes können 
hier als Repräsentanten des Nordens und Südens gelten. Ein größerer 
Frohsinn und eine größere Herzlichkeit geht so weit, als die Rebe in Deutsch- 
land rankt. Gesang ist vorzugsweise im Süden zu Hause. 
In Bezug auf Verstand ist aber der Norddeutsche dem Süddeutschen 
weit voraus. Er ist wie des kindlicheren Süddeutschen älterer Bruder, daher 
aucb in dieser Zeit der Herrschaft des Verstandes ihm in vielfacher Hinsicht 
überlegen geworden, und so ist auch dorthin jetzt das Uebergewicht der deut- 
scheu Macht gefallen. Ueberhaupt scheint der Norden der Intelligenz günsti- 
ger zu sein, als der Süden. Das nördliche Frankreich, das nördliche Deutsch- 
land und Oberitalien haben im Gegensatze zum Süden dieser Länder eine 
größere Belesenheit, Wissenschaftlichkeit und eine bessere Schulbildung. 
Dazu tragen die klimatischen Verhältnisse nicht wenig bei. Die langen nörd- 
lichen Winterabende, das zusammengehaltene häusliche und Familienleben, 
die geringere Zerstreutheit der Menschen in Straßen, Feld und Natur be¬
	        
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