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schmücken sich die unverheirateten Frauen gern mit Arm- und Hals- 
bändern aus Glasperlen und mit Blumen. 
Von Charakter ist der Moldauer unempfindlich, gleichgültig, 
lässig, schlaff und träge. Aus eigenem Antriebe wird er nie etwas 
thun, er bedarf dazu immer eines äußeren Sporns. Seine Unter- 
würfigkeit kennt keine Grenzen; einem Bojaren naht der gemeine 
Mann schon von weitem nur mit entblößtem Haupte. Lächerlich ist 
dabei der Stolz, mit welchem der Moldauer auf das Handwerk herab- 
sieht. Besonders verachtet er die Schneider und Schuster. Daher 
erklärt es sich, daß die meisten Handwerker Deutsche und Juden sind. 
In seiner Lebensweise zeigt sich der Moldauer äußerst genüg- 
sam: seine tägliche Nahrung besteht aus einem in Wasser gekochten 
Mehlbrei, den er warm und kalt, mit Zwiebeln, sauren Gurken oder 
saurem Kohl genießt. Fleisch kennt er nicht, ebensowenig Brot, Kar- 
toffeln und Butter. Kaffee wird häufig getrunken. Im Genüsse von 
Branntwein ist der Moldauer mäßig, dagegen raucht er leidenschast- 
lich gern. Der Arme schläft auf dem Boden, auf einer Bank oder 
auf dem Kasten; der Wohlhabende auf dem Sofa. Betten giebt es 
in der Moldau nicht. 
Was die allgemeine Bildung anbetrifft, so stehen die Moldauer- 
weit hinter den andern europäischen Kulturvölkern zurück. Selten, daß 
man unter dem gemeinen Volke jemand trifft, der lesen oder schreiben 
kann. Höhere Kunstgenüsse sind selbst den Bojaren ziemlich gleichgültig. 
Bei religiösen Gebräuchen sind Reiche und Arme sehr andächtig, ehr- 
furchtsvoll und demütig. Zweimal in der Woche lassen die Reichen 
vom Priester in ihren Häusern predigen und singen, und keinen Sonn- 
tag wird die Messe versäumt. Selbst in der ärmsten Hütte dürfen 
Heiligenbilder nicht fehlen. — Unter den Bojaren und dem Fremden 
gegenüber wird französisch gesprochen, wie denn überhaupt die meisten 
Bojarenkinder ihre oberflächliche Bildung durch französische Hauslehrer, 
auch wohl in Frankreich selbst empfangen haben. 
Vom eigentlichen Moldauer unterscheidet sich der Zigeuner auf den 
ersten Blick durch die olivengelbe Hautfarbe, die kleine, magere Gestalt, 
die pechschwarzen Augen und krausen Haare, auch durch seine größere 
Lebhaftigkeit und Behendigkeit. Sonst ist er. was Kleidung, Sprache, 
Sitten und Gebräuche anbetrifft, vollständig „moldauisiert". — In den 
Händen der Deutschen und Juden befindet sich aller Handel, und daß 
sie das gehörig auszunutzen verstehen, braucht wohl nicht erst gesagt 
zu werden. 
Zum Schluß erwähnen wir noch die Jahrmärkte, welche auf dem 
Lande regelmäßig auf einen Sonn- oder Festtag fallen. Welch ein 
buntes Leben entwickelt sich da! Aus den Wiesen neben der Straße 
steht das Vieh zum Verkauf bereit; am Rande der Straße selbst haben 
die Kaufleute ihre Waren einfach auf dem Boden ausgebreitet, nur 
für die Reicheren sind Buden errichtet. Von allen Seiten strömt die
	        
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