Full text: Lektüre zur Erdkunde

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sammendrängen der Faltungen fest miteinander verwachsen. Im Süden 
der Talfläche des Wei-Flusses hat die starre Kette eine Breite von 
75 g. M.^) und ragt zur Höhe von ungefähr U 000 Fuß 5) auf. Ihr 
Nordabfall ist steil, und die Wasserscheide liegt in der Nähe desselben. 
Im Inneren fehlt es trotz vollkommener geologischer Parallelstruktur 
gänzlich an Längstälern. Durch schroffe und tiefe Querschluchten stürzen 
lange Wildbäche nach Süden und treten aus dem, auch auf dieser Seite 
steil abfallenden Gebirge plötzlich hinaus, um sich mit dem dem Gebirge 
parallel fließenden Hau zu vereinigen. So setzt das Gebirge dem von 
Norden nach Süden gerichteten Verkehr einen gewaltigen Damm entgegen. 
Nur stellenweise seinen Charakter verändernd und durch das Hinzu- 
treten neuer Parallelketten an der Nordseite an Breite anwachsend, 
zieht es mit stets gleichbleibender Streichrichtung (W z N — 0 z S) 
nach Osten fort, bis es in der Provinz Honan plötzlich und unvermittelt 
in ebenes Land abfällt. Wir nennen dieses Gebirge in der ungefähr 
480 g. M. langen Strecke vom Einschnitt des Tau-hö bis zu seinem 
Ende das Tsin-ling-Gebirge, d.i. das Gebirge der Tsin-Pässe. 
Durch eine Verebnung von seinem östlichen Ende getrennt, erhebt sich 
das Hwai-Gebirge mit Höhen bis mindestens 5000 Fuß. 
Die wichtigste geographische Rolle des östlichen oder chinesischen 
Kwen-lun — so nennen wir den gesamten Gebirgszug — besteht darin, 
daß er der Teiler des Reiches ist. Er scheidet Nordchina und 
Südchina, das Stromsystem des Hwang-hö in seinem weitesten 
Sinn, von demjenigen des Pang-tsze-kiang, die lößbedeckten Länder des 
Nordens von den lößfreien des Südens, Regionen mit kontinentalem, 
durch zwei bestimmt gesonderte Jahreszeiten ausgezeichnetem Klima 
von solchen, in welchen ein mehr gegliederter Wechsel stattfindet. Im 
Norden ist die Landschaft einförmig; die schroffsten Gebirgsformen 
werden vielfach durch den Löß ausgeebnet, der in sanften Mulden von 
Kamm zu Kamm zieht. Die labyrinthischen Auswaschungen in den 
Lößbecken selbst, welche den einzelnen Gegenden den Charakter großen 
landschaftlichen Wechsels geben, sind doch nur diminutive Ziselierungen 
im Vergleich zum Ganzen; sie verschwinden, wenn wir die Gesamtheit 
der gleichförmig gestalteten alten Steppenbecken überblicken. Die Ge- 
birge sind kahl, weil das Lößland dem Baumwuchs nicht günstig ist 
und die Bewohner deshalb die Wälder auf gewachsenem Gesteinsboden 
verbraucht haben. In Hinsicht auf Agrikultur ist der Norden das Land 
des Weizens, der Baumwolle und der Hülsenfrüchte. 
Ganz anders im Süden. Lassen wir vorläufig noch Ausnahmen 
außer acht, so fehlt hier der Löß. Die Gebirge zeigen unverhüllt ihre 
Gestalt und häufig ihr Gestein. Sie sind tief durchschluchtet, und wo 
die Gewässer Weitungen betreten, breiten sich fruchtbare Alluvialtäler 
aus, während das immergrüne Kleid üppiger, naturwüchsiger und 
blütenreicher Strauchvegetation die Gehänge überzieht. Nicht wärmeres
	        
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